Für jedes Unternehmen Tagesgeschäft: Rechnungen schreiben und empfangen. Mit dem geplanten Wachstumschancengesetz zeichnen sich nun aber substanzielle Änderungen der bekannten Rechnungs-Routine ab. Im B2B-Bereich, also im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen, sollen elektronische Rechnungen (E‑Rechnungen) in Deutschland verpflichtend werden.
Das gilt bisher:
Die unternehmerischen Pflichten zur Rechnungsstellung sind im Wesentlichen in § 14 UStG geregelt.
Dort heißt es: „Rechnung ist jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird […]. Rechnungen sind auf Papier oder vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers elektronisch zu übermitteln. Eine elektronische Rechnung ist eine Rechnung, die in einem elektronischen Format ausgestellt und empfangen wird.“
Die Ausstellung der Rechnung in Papierform ist demnach aktuell als gesetzlicher Normalfall anzusehen, eine elektronische Übermittlung ist nur mit Zustimmung des Rechnungsempfängers möglich. Eine „normale“ Rechnung, die lediglich elektronisch übermittelt wird, ist keine E‑Rechnung. Unter dem Begriff der E‑Rechnung versteht der Gesetzgeber eine Rechnung, die der europäischen Norm 16931 entspricht. Bereits etablierte Rechnungen, die normkonform sind, sind etwa die Formate „XRechnung“ und „ZUGFeRD 2.x“. Genau wie bei einer „normalen“ Rechnung im elektronischen Format ist aber auch hier aktuell eine Zustimmung des Rechnungsempfängers zu dieser Art der Rechnungsstellung verpflichtend.
Geplante Neuerungen durch das Wachstumschancengesetz:
Das Wachstumschancengesetz sieht eine Änderung des § 14 Abs. 1 – und damit eine Änderung der bekannten Rechnungs-Routine – vor.
So heißt es im Entwurf: „Eine Rechnung kann als elektronische Rechnung oder vorbehaltlich des Absatzes 2 als sonstige Rechnung übermittelt werden. Eine elektronische Rechnung ist eine Rechnung, die in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen wird und eine elektronische Verarbeitung ermöglicht. Die elektronische Rechnung muss der europäischen Norm für die elektronische Rechnungsstellung und der Liste der entsprechenden Syntaxen […] entsprechen. Eine sonstige Rechnung ist eine Rechnung, die in einem anderen elektronischen Format oder auf Papier übermittelt wird“ (UStG‑E § 14 Abs. 1 S. 2–5).
Damit wird einerseits der Begriff der E‑Rechnung definiert – auch in Abgrenzung von den aktuellen, „normalen“ Rechnungen, die lediglich elektronisch übermittelt werden. Andererseits wird auch eine Differenzierung zwischen E‑Rechnungen und sonstigen Rechnungen (z.B. „normale“ Rechnung als PDF per E‑Mail) vorgenommen.
Die Verpflichtung zur Rechnungsstellung mittels E‑Rechnung ist für Umsätze zwischen Unternehmern im Inland geplant. Der Leistungsempfänger muss also als Unternehmer für sein Unternehmen handeln. Außerdem müssen Rechnungssteller und Leistungsempfänger beide im Inland (oder im Gebiet des § 1 Abs. 3 UStG) ansässig sein.
Ausnahmen von der E‑Rechnungspflicht sind lediglich für Kleinstbetragsrechnungen (§ 33 S. 4 UStDV‑E) und Fahrausweise (§ 34 Abs. 1 S. 2 UStDV‑E) geplant. Mit diesen Ausnahmen sollen unverhältnismäßige Schwierigkeiten bei relativ unbedeutenden Umsatzvolumina vermieden werden. Eine Staffelung der E‑Rechnungspflicht nach Unternehmensgröße ist nicht geplant.
Um die Umstellung auf die E‑Rechnung im B2B-Bereich zu erleichtern, ist jedoch eine zeitlich gestaffelte Einführung der E‑Rechnung vorgesehen.
Ab dem 01.01.2025 ist neben der Rechnungsstellung mit „normaler“ Papierrechnung auch eine Rechnungsstellung mit E‑Rechnung ohne Zustimmung des Empfängers geplant. Demnach müssten Unternehmen bereits ab 2025 dazu in der Lage sein, E‑Rechnungen zu empfangen und zu verarbeiten. Eine Rechnungsstellung mit sonstigen Rechnungen im elektronischen Format ist dann nur noch mit Zustimmung des Empfängers möglich.
Ab dem 01.01.2026 soll die Möglichkeit der Papierrechnung entfallen, zulässig sind dann nur noch E‑Rechnungen sowie sonstige Rechnungen in einem elektronischen Format, die über einen EDI-Kanal (electronic data interchange) übermittelt werden.
Ab dem 01.01.2028 ist schließlich geplant, die Rechnungsstellung ausschließlich über E‑Rechnungen zuzulassen. Spätestens ab diesem Zeitpunkt müssten Unternehmen also dazu in der Lage sein, E‑Rechnungen sowohl auszustellen als auch zu empfangen.
Aktueller Status des Wachstumschancengesetzes:
Das Wachstumschancengesetz wurde am 17.11.2023 vom Bundestag mit den Stimmen der Ampelparteien verabschiedet. Allerdings blieb die Zustimmung des Bundesrates zunächst aus; das Gesetz wurde am 24.11.2023 in den Vermittlungsausschuss verwiesen. Zuvor hatte der Bundesrat umfangreich zum Gesetzesentwurf der Ampel-Regierung Stellung genommen und über 50 Änderungsvorschläge formuliert. Nur ein kleiner Teil der Änderungsvorschläge wurde sodann durch den Bundestag bei der Beschlussfassung übernommen. Unter anderem hatte der Bundesrat gefordert, die Einführung der E‑Rechnung um zwei Jahre zu verschieben. Insbesondere der verpflichtende Empfang von elektronischen Rechnungen schon ab 2025 wurde aufgrund der kurzen Vorbereitungszeit kritisiert und ein verpflichtender Empfang erst für 2027 vorgeschlagen.
Eine Einigung im Vermittlungsverfahren konnte im abgelaufenen Jahr 2023 nicht mehr herbeigeführt werden und steht bis zum aktuellen Zeitpunkt noch aus.
Ausblick und Implikationen für Unternehmen:
Für Unternehmen ergeben sich ob des kurzfristigen Umsetzungszeitraumes – insbesondere auch beim verpflichtenden Empfang von E‑Rechnungen – technische und organisatorische Herausforderungen. Gleichzeitig verfolgt der Gesetzgeber mit der Einführung der E‑Rechnung durchaus begrüßenswerte Ziele. Neben der Betrugsbekämpfung und der damit verbundenen Minderung der Umsatzsteuerlücke wird die Digitalisierung von Geschäftsprozessen forciert. Vor allem auf Seiten des Rechnungsempfängers wird mit der E‑Rechnung ein wesentlich höherer Automatisierungsgrad bei der Erfassung und (buchhalterischen) Verarbeitung von Rechnungen ermöglicht. Insbesondere wird so auch eine vorausgefüllte Umsatzsteuervoranmeldung möglich, was in Italien mit der dortigen E‑Rechnungspflicht bereits funktioniert und zu Arbeitserleichterungen für Unternehmen führt.
International steht Deutschland mit der geplanten Einführung von E‑Rechnungen keineswegs allein dar: Auf europäischer Ebene ist mit der ViDA-Initiative („VAT in the Digital Age“) ebenfalls eine grenzüberschreitende E‑Rechnungspflicht geplant. Auch deshalb gibt es wohl in weiteren Mitgliedstaaten Bestrebungen, eine E‑Rechnungspflicht schon vorzeitig einzuführen. Auch unabhängig vom Ausgang des Vermittlungsverfahren des Wachstumschancengesetzes empfiehlt es sich daher für Unternehmen, in Vorbereitung auf nationale und EU-weite Regulierungen zum Thema E‑Rechnung kurzfristig erste Schritte einzuleiten. Insbesondere sollte in diesem Zusammenhang eine Digitalisierung der Rechnungsstellungs- und ‑empfangsprozesse und eine damit verbundene Umstellung der verwendeten Software forciert werden, da mit näher rückender Frist auch eine steigende Auslastung von IT-Dienstleistern zu erwarten ist.
Für Fragen zur E‑Rechnungspflicht und den damit verbundenen Umsetzungsschritten stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.
Für regelmäßige Informationen: Folgen Sie uns bei LinkedIn & XING und melden Sie sich mit einem Klick bei unserem Newsletter an.