Zum Hintergrund
Durch die aktuelle wirtschaftliche Lage rücken die Themen „Insolvenz“ und „Insolvenzgefährdung“ noch einmal massiv in den Fokus: Viele Unternehmen – nicht nur in der Gesundheits- und Sozialwirtschaft – leiden noch immer unter den wirtschaftlichen und finanziellen Folgen der Corona-Pandemie und geraten nun durch inflationsbedingte Kostensteigerungen bei fehlenden Refinanzierungsmöglichkeiten sowie Ressourcenknappheiten verstärkt unter Druck.
Vor diesem Hintergrund gewinnen auch die Regelungen des sogenannten StaRGUs noch einmal an Relevanz. Bereits seit dem 1. Januar 2021 ist das StaRUG in Kraft – das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen. Das StaRUG ist Teil des Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetz (kurz: SanInsFoG), das die EU-Richtlinie über einen präventiven Restrukturierungsrahmen in nationales Recht umsetzt. Das StaRUG schließt einerseits die Lücke zwischen freier Sanierung und dem förmlichen Insolvenzverfahren, indem es ein schuldnerautonomes Sanierungsverfahren mit gerichtlicher Unterstützung für Unternehmen ermöglicht, die von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit betroffen sind. Andererseits werden durch das StaRUG aber auch neue Überwachungspflichten für Geschäftsleiter implementiert, die insbesondere bisher nicht von Überwachungspflichten betroffene Unternehmen vor Herausforderungen stellt.
Überwachungspflichten von Geschäftsleitern
Die Pflicht zur Einführung eines Überwachungssystems ist in § 1 StaRUG statuiert. Demnach muss die Geschäftsführung einer juristischen Person fortlaufend über Entwicklungen wachen, die den Fortbestand der juristischen Person gefährden können.
Eine analoge Pflicht zur Einführung eines Überwachungssystems ist im Aktiengesetz mit dem § 91 Abs. 2 AktG schon seit Jahren bekannt. Während diese Pflicht bisher allerdings nur für Aktiengesellschaften bestand, weitet das StaRUG die Überwachungspflichten massiv auf alle juristischen Personen aus – ohne Größenbeschränkungen.
Werden mithilfe des Überwachungs- bzw. Risikofrüherkennungssystems bestandsgefährdende Risiken erkannt, schreibt das Gesetz einerseits eine Information an die Überwachungsorgane der Gesellschaft vor, andererseits aber auch das Ergreifen von Gegenmaßnahmen durch die Geschäftsführung.
Ausgestaltung des Überwachungssystems
Konkrete gesetzliche Vorgaben zur Ausgestaltung des Überwachungssystems fehlen. Der Gesetzesbegründung kann jedoch entnommen werden, dass „die konkrete Ausformung und Reichweite dieser Pflicht (…) von der Größe, Branche, Struktur und auch der Rechtsform des jeweiligen Unternehmens abhängig ist“ (vgl. Drucksache 19/24181, S. 104). Außerdem wird in der Gesetzesbegründung explizit darauf hingewiesen, „dass die überschaubaren Verhältnisse bei kleinen Unternehmen es erlauben, den Risikoüberwachungsgeboten auch ohne größere organisatorische Vorkehrungen gerecht zu werden“ (vgl. Drucksache 19/24181, S. 104).
Eine Bestandsgefährdung im Sinne des § 1 StaRUG ist insbesondere bei einer Erhöhung des Insolvenzrisikos anzunehmen. Insofern ist vor allem die Liquiditätslage des Unternehmens in den Blick zu nehmen, da die meisten Insolvenzfälle in der Praxis liquiditätsbedingt auftreten und eine bilanzielle Überschuldung in der Regel nicht plötzlich eintritt.
Es sollte also – auch bei kleineren Unternehmen – stets eine sorgfältige Liquiditätsplanung und eine laufende Liquiditätsanalyse durchgeführt werden. Für die laufende Liquiditätsanalyse bieten sich verschiedene finanzwirtschaftliche Kennzahlen an, die zum Teil direkt auf Grundlage von betriebswirtschaftlichen Auswertungen erstellt werden können. Sofern sich aus der Liquiditätsplanung und ‑analyse Hinweise auf eine Insolvenzgefährdung ergeben, müssen wie oben beschrieben die Überwachungsorgane informiert sowie geeignete Gegenmaßnahmen ergriffen werden.
Wir unterstützen Sie gerne dabei, eine adäquate und individuelle Ausgestaltung des Überwachungssystems für Ihr Unternehmen zu entwickeln sowie geeignete Kennzahlen für die laufende Liquiditätsanalyse in ihre Finanzbuchhaltung zu implementieren.
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