Hintergrund
Am 24.04.2024 wurde nach intensiven Diskussionen und Anpassungen das europäische Lieferkettengesetz durch das EU-Parlament beschlossen. Ungeachtet dessen gilt für Unternehmen in Deutschland bereits jetzt das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Das deutsche Lieferkettengesetz verpflichtet seit dem 01. Januar 2023 alle Unternehmen, die mehr als 3.000 Arbeitnehmer im Inland beschäftigen, zu verstärkten menschenrechts- und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten. Seit dem 01. Januar 2024 wurde der Anwendungsbereich auf Unternehmen mit mehr als 1.000 im Inland beschäftigten Arbeitnehmern erweitert, sodass in Deutschland schätzungsweise rund 2.900 Unternehmen in den Anwendungsbereich des Lieferkettengesetzes fallen. Dabei gilt das Lieferkettengesetz rechtsformunabhängig. Auch gemeinnützige Träger in der Gesundheits- und Sozialwirtschaft sind also bei entsprechender Arbeitnehmeranzahl vom Lieferkettengesetz betroffen.
Dokumentations- und Berichtspflichten
Unternehmensintern ist stets eine Dokumentation über die Erfüllung der Sorgfaltspflichten zu führen, die mindestens sieben Jahre ab dem Zeitpunkt der Erstellung aufzubewahren ist (§ 10 Abs. 1 LkSG). Zusätzlich ist aber auch ein externer Bericht zu erstellen, in dem über die Erfüllung der Sorgfaltspflichten im vergangenen Geschäftsjahr berichtet wird. Dieser externe Bericht muss spätestens vier Monate nach Abschluss des Geschäftsjahres auf der Internetseite des Unternehmens veröffentlicht werden. Hier ist für mindestens sieben Jahre ein kostenfreier Zugriff zu gewährleisten (§ 10 Abs. 2 LkSG). Analog ist der Bericht außerdem bei der Kontrollbehörde, dem BAFA, spätestens vier Monate nach Abschluss des Geschäftsjahres einzureichen. Seitens des BAFAs ist es vorgesehen, dass der Bericht mittels eines standardisierten elektronischen Berichtsfragebogens eingereicht wird. Zur Übersicht für die Anwender stellt das BAFA neben der elektronischen Version aber auch eine analoge Version des Berichtsfragebogens unter diesem Link zur Verfügung.
„Schonfrist“ für Erstanwender
Das BAFA weist auf seiner Webseite darauf hin, dass eine erstmalige Kontrolle der Berichtsabgabe erst ab dem 01. Juni 2024 erfolgen wird – obwohl das Gros der Berichte von bereits ab dem 01. Januar 2023 verpflichteten Unternehmen bis spätestens Ende April 2024 eingereicht worden sein müsste. Eine Überschreitung der Berichtsfrist bis zum 01. Juni 2024 wird nicht sanktioniert. Damit räumt das BAFA als Kontrollbehörde den verpflichteten Unternehmen eine „Schonfrist“ unter Berücksichtigung der kurzen Vorbereitungszeiträume und der Erstanwendung ein. Außerdem wird auch von Nachbesserungsverlangen bzgl. inhaltlicher Mängel dieser Berichte seitens des BAFAs abgesehen, sofern die Berichte bis spätestens 31. Mai 2024 eingereicht werden. Keine „Schonfrist“ gilt dagegen für die Einhaltung der menschenrechts- und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten.
Handlungsempfehlungen und Ausblick
Trotz der vom BAFA eingeräumten Karenzzeit rückt der Zeitpunkt, an dem der externe Bericht des Lieferkettengesetzes spätestens veröffentlicht und beim BAFA eingereicht werden muss, immer näher. Betroffene Unternehmen sollten daher – sofern noch nicht geschehen – schnellstmöglich mit der Vorbereitung des Berichts beginnen. Ab Juni 2024 ist mit Kontrollen des BAFAs zu rechnen.
Bei Verstößen gegen die Berichtspflichten des Lieferkettengesetzes werden gemäß § 24 Abs. 2 Nr. 3 LkSG Bußgelder in Höhe von bis zu 100.000 € fällig. Neben diesen finanziellen Folgen kann aber außerdem auch ein Vertrauensverlust der Stakeholder und ein damit einhergehender Reputationsverlust bei bekannt gewordenen Mängeln in der Anwendung des Lieferkettengesetzes drohen, der mittelbar substanzielle finanzielle Folgen nach sich ziehen kann. Dies gilt insbesondere für die „vertrauensintensiven“ Organisationen der Gesundheits- und Sozialwirtschaft.
Schließlich ist zu berücksichtigen, dass das geplante Lieferkettengesetz auf Ebene der EU weitere Pflichten für Unternehmen im Bereich Lieferkette und Nachhaltigkeit vorschreibt. Unternehmen, die sich schon jetzt proaktiv mit dem Lieferkettengesetz und der weiteren bestehenden Nachhaltigkeitsregulierung auseinandersetzen, dürften auch für kommende Nachhaltigkeitsregulierungen gut vorbereitet sein.
So können wir Sie unterstützen
Für Fragen zum Lieferkettengesetz und den damit verbundenen Umsetzungsschritten stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.
Wir empfehlen, die Umsetzung des Lieferkettengesetzes nur als einen Baustein im Rahmen einer integrierten Nachhaltigkeitsstrategie zu betrachten, die auch mögliche gesetzliche Anforderungen der CSRD und weitere freiwillige Nachhaltigkeitsbemühungen umfasst. Wir verweisen dazu auf unseren Beitrag vom 09. Januar 2024.
Neben unserer langjährigen Branchenerfahrungen durch die Steuerberatung in der Gesundheits- und Sozialwirtschaft konnten wir mit Dr. Alexander Nolte einen Experten in Fragen der unternehmerischen Nachhaltigkeit und der Corporate Governance gemeinnütziger Träger für unser Team gewinnen. Nutzen Sie die Möglichkeit und nehmen Sie ganz unverbindlich Kontakt zu unserem Kollegen auf!
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