Mit dem Jahressteuergesetz 2020 ist in § 57 AO ein Absatz 3 eingeführt worden. Er hat die Ausnahmen vom Unmittelbarkeitsgebot auf Kooperationen gemeinnütziger Organisationen erweitert. Demnach verfolgt eine Körperschaft ihre steuerbegünstigten Zwecke auch dann unmittelbar, „wenn sie satzungsgemäß durch planmäßiges Zusammenwirken mit mindestens einer weiteren Körperschaft, die im Übrigen die Voraussetzungen der §§ 51 bis 68 erfüllt, einen steuerbegünstigten Zweck verwirklicht“.
Bezüglich der Anwendung in der Praxis fordert die Finanzverwaltung, dass das Zusammenwirken mit anderen Körperschaften in der Satzung als Art der Zweckverwirklichung festgehalten ist. Des Weiteren müssen die Körperschaften, mit denen kooperiert wird, und die Art und Weise der Kooperation in den Satzungen der Beteiligten bezeichnet werden (sog. „doppeltes Satzungserfordernis“).
Inzwischen akzeptiert die Finanzverwaltung zwar bei mehreren Kooperationspartnern, wenn diese in der Satzung nicht namentlich benannt, aber bspw. durch die Bezeichnung des Unternehmensverbunds konkret nachvollziehbar sind. Die Anforderung, dass die Art und Weise der Kooperation auch in der Satzung des Leistungsempfängers bezeichnet werden muss, besteht aber weiterhin. Dieser Auslegung hat das Finanzgericht Hamburg mit Urteil vom 26.09.2023 nun widersprochen:
Sachverhalt
Die Klägerin, eine Servicegesellschaft, erbrachte Dienstleistungen im Bereich der Finanzbuchhaltung und des Rechnungswesens an eine gemeinnützige Stiftung. Nach ihrem Gesellschaftsvertrag sollen die gemeinnützigen und mildtätigen Zwecke durch planmäßiges Zusammenwirken mit der Stiftung im Sinne des § 57 Abs. 3 AO verwirklicht werden. Die Satzung der Stiftung enthielt diesbezüglich keine Regelungen.
Das Finanzamt bestätigte zunächst die Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen zur Anerkennung der Gemeinnützigkeit der Servicegesellschaft, nahm diese jedoch im weiteren Verlaufe zurück. Begründet wurde dies damit, dass der Anwendungserlass zur Abgabenordnung zu § 57 Abs. 3 Nr. 8 AO vorschreibe, dass auch die leistungsempfangende Körperschaft eine entsprechende Zusammenwirkung in ihrer Satzung festschreiben müsse. Insoweit liege das Bedürfnis nach einem „doppelten Satzungserfordernis“ vor.
Entscheidung des Gerichts
Das FG Hamburg stellte fest, dass dieses Erfordernis zu Unrecht angenommen wurde. Das Gericht hatte sich maßgeblich mit der Auslegung des § 57 Abs. 3 AO auseinanderzusetzen. Dabei stellte es klar, dass die Norm in ihrem Grundsatz eine Konkretisierung des gemeinnützigkeitsrechtlichen Unmittelbarkeitsgrundsatzes darstelle. Dieser entfalle ohnehin auf die einzelne Körperschaft und werde nicht in der Gesamtheit betrachtet.
Das Gericht lehnt auch deshalb das sogenannte „doppelte Satzungserfordernis“ ab, da die leistungsempfangende Körperschaft bereits unabhängig von § 57 Abs. 3 AO die Voraussetzungen der §§ 51 – 68 AO erfüllen müsse. Das Wort „satzungsgemäß“ beziehe sich schon allein von seiner Stellung im Satz lediglich auf die leistende Körperschaft.
Darüber hinaus sei es Wille des Gesetzgebers gewesen, mit § 57 Abs. 3 AO das Gemeinnützigkeitsrecht insgesamt zu vereinfachen. Körperschaften, welche bereits für sich genommen steuerbegünstigte Zwecke verfolgen, soll es ermöglicht werden, flexibler mit anderen Körperschaften zu kooperieren.
Fazit
Eine andere als die durch das FG Hamburg vertretene Auffassung wäre nach eindeutiger Meinung im Schrifttum auch sehr überraschend gewesen. Der Kooperationsgedanke des § 57 Abs. 3 AO wurde bisher durch eine sehr enge Verwaltungsauffassung massiv eingeschränkt. Auch wenn die Revision beim Bundesfinanzhof zugelassen wurde, wäre es – aufgrund der Eindeutigkeit des Urteils – äußerst überraschend, wenn dieser zu einem anderen Ergebnis kommt.
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