Die umsatzsteuerlichen Unternehmer haben zu der Frage, nämlich dem Vorliegen einer ordnungsgemäßen Rechnung, bereits vor vier Jahren Unterstützung durch den EuGH erhalten. Das BMF Schreiben vom 18.9.2020 greift nun diese Rechtsprechung und verschiedene Nachfolgeentscheidungen auf und stellt die Auffassung der Finanzverwaltung zur Rückwirkung der Rechnungsberichtigung und zum Vorsteuerabzug für die Fälle dar, bei denen zunächst keine ordnungsgemäße Rechnung vorliegt. Bedeutung hat die Frage insbesondere für den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers, da der von einer „ordnungsgemäßen Rechnung” abhängt. Ferner sind hier Probleme mit Steuernachzahlungszinsen, § 233a AO, zu erwarten.
Grundvoraussetzung für eine rückwärtsgerichtete Rechnungsberichtigung ist, dass die Rechnung fünf zentrale Angaben enthält und zwar
- zum Rechnungsaussteller,
- zum Leistungsempfänger,
- zur Leistungsbeschreibung,
- zum Entgelt und
- zur ausgewiesenen Umsatzsteuer.
Zu jeder dieser Angaben führt das BMF Schreiben aus, welche Mindestanforderungen an die ursprünglichen Angaben gestellt werden. Nur wenn diese erfüllt sind, kann die Rechnung mit steuerlicher Wirkung rückwirkend berichtigt und die übrigen Angaben nach § 14 Abs. 4 UStG nachgeholt werden.
Sollte eine der Mindestanforderungen nach den Maßgaben des BMF Schreibens einen „zu großen Mangel” aufweisen, ist eine Rechnungskorrektur erforderlich. Eine solche entfaltet aber nur Wirkung für die Zukunft. Auch das hat erhebliche Bedeutung für den Vorsteuerabzug.
Beispielsfall: Eine Rechnung aus dem Jahr 2015, aus der der Unternehmer einen Vorsteuerabzug von € 10.000 geltend gemacht hat wird im Januar 2021 berichtigt. Die gezogene Vorsteuer kann dem Jahr 2016 zugeordnet bleiben, es entstehen keine Rückzahlungsverpflichtungen und keine Zinsen. Kann die Rechnung hingegen nur noch korrigiert werden, wäre die Vorsteuer erst im Januar 2021 geltend zu machen und nicht schon in 2016. Die Rückzahlung für 2016 kann mit der Forderung aus der Voranmeldung 1/2021 verrechnet werden, es bleibt kein Schaden. Insoweit. Aber: Die Rückzahlung löst 6% p.a. Nachzahlungszinsen für 34 Monate aus, in Summe € 1.700. Diesem Betrag steht keine Forderung gegenüber, insoweit wird der Unternehmer belastet.
Im BMF Schreiben wird zudem ausgeführt, dass es sich bei der Rechnungsberichtigung nicht um ein sog. „rückwirkendes Ereignis” handelt. Demnach können Zeiträume, für die bereits Festsetzungsverjährung eingetreten ist, nicht nach § 175 Abs. 1 AO aufgrund rückwirkender Rechnungsberichtigung geändert werden. Es kann also zu einem endgültigen Verlust des Vorsteuerabzugs kommen. Dies ist mit dem Jahressteuergesetz 2020 auch gesetzlich in § 14 Abs. 4 UStG verankert worden.