Noch immer sehen sich viele gemeinnützige Krankenhausträger mit Ansprüchen gesetzlicher Krankenkassen bezüglich zu viel gezahlter Umsatzsteuer auf die Abgabe von Fertigarzneimitteln an ambulant behandelte Patienten konfrontiert. Die Kassen fordern die aus ihrer Sicht zu Unrecht gezahlte Umsatzsteuer in Höhe der Differenz zwischen 19 und 7 Prozent zurück – über den Ursprung und den Zwischenstand dieser Verfahren hatten wir bereits berichtet. Ein Finanzgericht kommt nun zu einem ganz anderen Ergebnis.
Auffassung der Finanzverwaltung
Die ambulanten Abgaben von nicht patientenindividuell hergestellten Medikamenten zur unmittelbaren Anwendung durch ermächtigte Krankenhausambulanzen an Patienten sowie die Abgabe von Medikamenten durch Krankenhausapotheken an Patienten im Rahmen der ambulanten Behandlung im Krankenhaus ist nach dem Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) nicht von der Umsatzsteuer befreit.
Urteil des Finanzgerichtes
Das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt kommt nun zu dem Ergebnis, dass die in einem Krankenhaus im Rahmen einer ambulanten ärztlichen Heilbehandlung abgegebenen nicht individuell hergestellten Fertigarzneimittel ein mit der ärztlichen Heilbehandlung eng verbundener Umsatz und damit umsatzsteuerfrei sind. Diese Wertung widerspricht damit dem aktuellen UStAE. Das FG des Landes Sachsen-Anhalt orientiert sich bei seiner Entscheidung an dem BFH-Urteil vom 24. September 2014 und ordnet alle Medikamentenabgaben im Rahmen ambulanter Behandlungen im Krankenhaus als eng verbundene und somit umsatzsteuerbefreite Umsätze ein.
Einschätzung
Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass das Urteil sich auf die Regelung des § 4 Nr. 16 Buchstabe b UStG (alte Fassung) bezieht. Danach gab es nach dem Wortlaut gar keine Befreiung für die Umsätze aus Krankenhausbehandlungen, sondern nur für die „mit dem Betrieb der Krankenhäuser (…) eng verbundenen (…) Umsätze.“ Nach dem neuen § 4 Nr. 14 Buchstabe b UStG sind nunmehr steuerfrei: „Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen (…) sowie damit eng verbundene Umsätze, die (u. a.) von Einrichtungen des öffentlichen Rechts erbracht werden.“
Bei der Übertragung der Urteilsgrundsätze auf den (neuen) § 4 Nr. 14 Buchstabe b UStG kann aber nach unserer Einschätzung eine Abgabe von Medikamenten nur dann umsatzsteuerpflichtig sein, wenn es sich dabei um eine selbstständige Lieferung handelt, die von der Krankenhausbehandlung völlig unabhängig ist. Dies ist bei der Behandlung von ambulanten Patienten in der Praxis aber nicht der Fall, sodass die Urteilsgrundsätze auch auf aktuelle Sachverhalte angewendet werden könnten.
Fazit
Die Finanzverwaltung hat noch die Möglichkeit Revision gegen das Urteil einzulegen. Unabhängig davon sollten – sofern noch nicht geschehen – gemeinnützige Krankenhäuser ihre entsprechenden Verträge bezüglich der sog. „Umsatzsteuerklauseln“ prüfen und ggf. weitere Maßnahmen in die Wege leiten. Außerdem sind noch nicht festsetzungsverjährte Veranlagungszeiträume abgabenrechtlich in den Blick zu nehmen und zu bewerten. Dabei können wir selbstverständlich unterstützen.
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