Nach dem BFH-Urteil vom 18.10.2023 ist es unschädlich für die Steuerbefreiung einer Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin, dass eine durch ein Krankenhaus – mittels der bei ihm angestellten Ärzte – erbrachte Operationsleistung gegenüber einem anderen Krankenhaus in dessen Räumen erbracht wird.
Sachverhalt
Im Streitfall schlossen eine Privatklinik und ein steuerbegünstigtes Krankenhaus einen Vertrag über die Durchführung von Operationen am Standort des Krankenhauses. Dafür nutzte die Privatklinik die bestehende Infrastruktur des Krankenhauses. Die medizinischen sowie organisatorischen Leistungen wurden hingegen durch Fachärzte der Privatklinik erbracht. Daher schloss das Krankenhaus mit den bei der Privatklinik angestellten Ärzten zusätzlich jeweils einen Honorar-/Konsiliararztvertrag, wonach der Arzt für die eingewiesenen Patienten der Privatklinik im Fachgebiet Orthopädische Chirurgie zuständig ist.
Das Krankenhaus nahm die entsprechenden Patienten stationär auf und rechnete die gesamte allgemeine Krankenhausbehandlung (Eingriff samt hierfür benötigter Implantate, Behandlung, Unterkunft) jeweils direkt mit den gesetzlichen Krankenversicherungen ab. Die Privatklinik erhielt von dem Krankenhaus eine Vergütung i. H. von 25 % der Fallpauschale.
Auffassung der Finanzverwaltung
Die Finanzverwaltung nahm eine umsatzsteuerpflichtige Personalgestellung von Seiten der Privatklinik an das Krankenhaus an. Da die Privatklinik weder eine Einrichtung des öffentlichen Rechts i. S. des § 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 1 UStG war noch ein zugelassenes Krankenhaus nach § 108 SGB V i. S. von § 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 2 Doppelbuchst. aa UStG unterhielt, lag nämlich kein durch die Gestellung von Ärzten und von medizinischem Hilfspersonal eng mit der Krankenhausbehandlung verbundener (umsatzsteuerfreier) Umsatz vor (vgl. Abschn. 4.14.6 Abs. 2 Nr. 7 UStAE).
Entscheidung des BFH
Die Frage nach einer eng mit der Krankenhausbehandlung verbundenen Tätigkeit stellte sich im Streitfall für den BFH aber nicht; denn bei den von der Privatklinik mittels ihrer Ärzte am Ort des Krankenhauses durchgeführten, medizinisch indizierten Operationen handelt es sich um steuerfreie Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin i. S. von § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG. Der Anwendung der Steuerbefreiung steht weder entgegen, dass die betreffenden Heilbehandlungsleistungen in den Räumen eines anderen Krankenhauses ausgeführt wurden, noch dass das Leistungsaustauschverhältnis, welches den Operationsleistungen zugrunde lag, nicht zwischen der Privatklinik und dem einzelnen Patienten, sondern zwischen ihr und dem Krankenhaus bestand, und die Heilbehandlung durch die Privatklinik in Subunternehmerstellung an das Krankenhaus erbracht wurde.
Auch die Motive für die Kooperation zwischen der Privatklinik und dem Krankenhaus, nämlich dass die Privatklinik die Behandlung gesetzlich versicherter Patienten ohne Einzelfallzusage nicht gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen abrechnen konnte, und dass deshalb im Außenverhältnis das Krankenhaus die Behandlungen der betreffenden Patienten ausführte und gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen abrechnete, sind nach Auffassung des BFH nicht geeignet, eine im Innenverhältnis von der Privatklinik gegenüber dem Krankenhaus ausgeführte Operationsleistung auszuschließen.
Wiederholend stellt der BFH zudem klar, es sei in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung, dass die Privatklinik als solche ohne für sie tätige Ärzte keine Operationsleistungen erbringen könne. Auch ist die Möglichkeit einer Berufung auf die Steuerbefreiung für Heilbehandlungsleistungen im Bereich der Humanmedizin nicht von der Rechtsform abhängig, in der der Steuerpflichtige seine Tätigkeit ausübt.
Fazit
Die Entscheidung unterstreicht, welche Bedeutung in der steuerlichen Praxis der Vertragsabfassung und der Vertragsauslegung beizumessen ist. Vorliegend war maßgeblich, dass die ärztlichen Heilbehandlungsleistungen von dem betreffenden Arzt selbständig zu erbringen waren. Der jeweilige, bei der Privatklinik angestellte Arzt war gegenüber dem Krankenhaus nicht weisungsgebunden. Andernfalls hätte ggf. tatsächlich eine umsatzsteuerpflichtige Personalgestellung vorgelegen.
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