Zum Hintergrund
Gerade in Zeiten des spürbaren Fachkräftemangels wird es immer wichtiger, dass junge Menschen das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) nutzen, um sich bürgerschaftlich zu engagieren. Es handelt sich dabei um ein Bildungs- und Orientierungsjahr, das von einem öffentlichen oder freien Maßnahmeträger (meist Verbände) pädagogisch begleitet wird. Der Arbeitseinsatz der Freiwilligen erfolgt nicht beim Maßnahmeträger, sondern wird in überwiegend praktischer Hilfstätigkeit in gemeinwohlorientierten Einrichtungen, sog. Einsatzstellen geleistet. Das sind in der Regel Pflegeheime, Kliniken, Kindergärten, Behinderteneinrichtungen, Rettungsdienste, Krankenhäuser, kulturelle und Einrichtungen des Sports.
Die Rahmenbedingungen und Vertragsverhältnisse zwischen Freiwilligen, Maßnahmeträgern und Einsatzstellen wurden durch das ab dem 1. Juni 2008 geltende Jugendfreiwilligendienstegesetz (JFDG) zusammengefasst. Um am FSJ teilnehmen zu können, sind die Freiwilligen verpflichtet, eine Teilnahmevereinbarung mit dem Maßnahmeträger abzuschließen.
Da die umsatzsteuerlichen Leistungsbeziehungen und auch die steuerlichen Auswirkungen bei den verschiedenen Vereinbarungen variieren, hat die Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main am 21. März 2023 (S 7100 A – 271 – St 110) eine aktuelle Verfügung zur Beantwortung verschiedener umsatzsteuerlicher Fragestellungen veröffentlich.
Grundsätzlich ist zwischen den folgenden Vertragsgestaltungen zu unterscheiden:
Zweiseitige Vereinbarung (§ 11 Abs. 1 JFDG)
Der teilnehmende Freiwillige und der Maßnahmeträger können die Durchführung eines FSJ durch eine zweiseitige Teilnahmeerklärung vereinbaren.
In der Teilnahmevereinbarung sind üblicher Weise die Arbeitszeit, der Urlaubsanspruch, die Seminarteilnahmepflicht und die Vergütung geregelt. Die Freiwilligen erhalten vom Träger ein sog. Taschengeld und zudem wird ihnen entweder eine unentgeltliche Unterkunft, Verpflegung und Arbeitskleidung oder eine entsprechende Geldersatzleistung zur Verfügung gestellt. Auch die Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung werden von dem Verband entrichtet und abgeführt.
Die Freiwilligen leisten ihren Dienst bei einer als gemeinnützig anerkannten Einsatzstelle, die häufig an den Träger (meist ein Verband) angeschlossen ist. Nach dem Vertrag zwischen Maßnahmeträger und Einsatzstelle ersetzt die Einsatzstelle dem Maßnahmeträger das Taschengeld sowie die Sozialversicherungsbeiträge und zahlt ihm einen bestimmten monatlichen Betrag (z.B. 100 €), der pauschal die Kosten des Trägers für Verwaltung, Lohnbuchhaltung, Gehaltsabrechnung, Abwicklung der Sozialversicherungspflicht sowie die gesetzlich vorgeschriebene pädagogische und sozialpädagogische Betreuung abdeckt.
Nach der getroffenen Vereinbarung bestehen Rechtsbeziehungen zwischen dem Freiwilligen und dem Maßnahmeträger, welche letzterem die Befugnis einräumt, den Freiwilligen delegieren zu können. Eine derartige Rechtsbeziehung besteht zwischen dem Freiwilligen und der Einsatzstelle nicht, so dass diese insoweit auf Dienste des Trägers zurückgreifen und in der Folge diese Inanspruchnahme auch entgelten muss.
Konsequenz: Es liegt ein umsatzsteuerrechtliches Leistungsaustauschverhältnis zwischen Träger und Einsatzstelle in Form einer umsatzsteuerbaren Personalüberlassung vor. Diese Leistung ist als eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistung anzusehen und demzufolge nach § 4 Nr. 18 UStG steuerbefreit.
Für Umsätze, die vor dem 1.4.2023 erbracht werden, wird es jedoch nicht beanstandet, wenn der Unternehmer seine Leistungen abweichend von den o.g. Ausführungen als umsatzsteuerpflichtig behandelt bzw. behandelt hat. Im Allgemeinen wird auf das BMF-Schreiben vom 14.2.2023 zur Neufassung des § 4 Nr. 18 UStG verwiesen.
Dreiseitige Vereinbarung zwischen Freiwilligem, Maßnahmeträger und Einsatzstelle (§ 11 Abs. 2 JFDG)
Mit Inkrafttreten des JFDG wurde erstmals die Möglichkeit einer dreiseitigen Vereinbarung zwischen Träger, Einsatzstelle und Freiwilligem zur Durchführung des Jugendfreiwilligendienstes geschaffen. Bei Abschluss einer solchen Vereinbarung liegt keine umsatzsteuerbare Überlassung der Freiwilligen durch den Träger an die jeweilige Einsatzstelle vor.
Die dreiseitige Vereinbarung begründet ein Rechtsverhältnis, wonach die beteiligten Einsatzstellen und Träger jeweils für die sie betreffenden Rechte und Pflichten ausschließlich und unmittelbar berechtigt und verpflichtet sind. Demnach werden die Einsatzstellen aus dem Arbeitseinsatz der Freiwilligen aus der Vereinbarung unmittelbar berechtigt und sind im Gegenzug auch hinsichtlich der von ihr übernommenen Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge und des sog. Taschengeldes selbst verpflichtet. Es liegt damit keine entgeltliche Personalüberlassung durch den Maßnahmeträger mehr vor.
Eine Abwicklung der Zahlungen durch den Träger ist dabei unschädlich, sofern dies im Namen und für Rechnung der Einsatzstelle erfolgt.
Achtung: Erhebt der Träger jedoch für die Abwicklung der Zahlungen und/oder weitere Verwaltungsleistungen ein Entgelt von den Einsatzstellen, liegt insoweit eine umsatzsteuerbare und umsatzsteuerpflichtige Leistung des Trägers vor.
Soweit die Einsatzstellen verpflichtet sind, an den Maßnahmeträger ein Entgelt für Leistungen im Bereich der formalen Bildungsarbeit des Trägers zu leisten, können diese nach § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG steuerfrei sein.
Bei Verträgen zwischen Träger, Einsatzstelle und Freiwilligem zur Durchführung des Jugendfreiwilligendienstes, welche die der OFD-Verfügung beigefügten Mustervereinbarung enthaltenen Vereinbarungen enthalten, kann davon ausgegangen werden, dass eine Vereinbarung nach § 11 Abs. 2 JFDG vorliegt und somit
- der Träger keine umsatzsteuerbare Leistung nach Art einer Personalgestellung gegenüber der Einsatzstelle ausführt,
- hinsichtlich der Durchführung des formalen Bildungsanteils die Unterrichtsleistung des Trägers gegenüber den Freiwilligen (einschließlich der darauf entfallenden allgemeinen Verwaltungstätigkeit) in den Anwendungsbereich der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG fällt, und
- die Verwaltungskostenpauschale die Gegenleistung für umsatzsteuerrechtlich steuerbare und steuerpflichtige Leistungen des Trägers gegenüber der Einsatzstelle darstellt.
Bundesfreiwilligendienst
Der wesentliche Unterschied zum FSJ (oder FÖJ) besteht darin, dass der BFD nicht nur für Personen bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres zugänglich und der Maßnahmeträger hier die Bundesrepublik Deutschland (vertreten durch das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben) selbst ist. Die o.g. Grundsätze zum FSJ sind auch auf den BFD anzuwenden.
Haben Sie noch Fragen zu den vorstehenden Regelungen oder darüber hinaus zur ertragsteuerlichen Einordnung der Leistungen, sprechen Sie unser Team jederzeit gerne an.
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