Der Bundestag hat am 16. Dezember 2020 den Entwurf der Bundesregierung für das Jahressteuergesetz 2020 beschlossen. Der Bundesrat hat in seiner letzten Sitzung am 18. Dezember 2020 ebenfalls zugestimmt. Im Zuge dessen hat der Gesetzgeber auch die seit vielen Jahren umfangreichsten Änderungen bzw. Ergänzungen von gemeinnützigkeitsrechtlichen Regelungen mit Wirkung zum 01. Januar 2021 vorgenommen. Dazu zählen beispielsweise die deutlich verbesserten steuerlichen Rahmenbedingungen für die Zusammenarbeit von Körperschaften in einem Konzern oder die vereinfachten Voraussetzungen für die Mitteilweiterleitung. Die Änderungen sind aus Sicht der gemeinnützigen Körperschaften sehr zu begrüßen. Um in den Genuss der Vorteile zu kommen, sind jedoch etliche Aspekte zu berücksichtigen. Eine Kommentierung der Gesetzesänderung durch ein Schreiben der Finanzverwaltung steht noch aus.
In § 57 AO ist eine zentrale Voraussetzung für die Anerkennung einer steuerbegünstigten Körperschaft verankert: Der Grundsatz der Unmittelbarkeit. Diesem konnte bisher in der Regel nur entsprochen werden, wenn die Körperschaft ihre satzungsmäßigen steuerbegünstigten Zwecke selbst verwirklichte. In der Praxis führte dies unter anderem dazu, dass sog. Servicegesellschaften – welche ihre Dienstleistungen, wie z.B. Catering, Wäscherei, EDV und Verwaltung an andere steuerbegünstigte Körperschaften für deren steuerbegünstigte Tätigkeiten erbrachten – selbst nicht als steuerbegünstigte Körperschaften anerkannt werden konnten.
Durch die Ergänzung des § 57 Abs. 3 AO kann eine Körperschaft nunmehr auch dann unmittelbar steuerbegünstigte Zwecke verfolgen, wenn sie planmäßig mit mindestens einer anderen steuerbegünstigten Körperschaft zusammenwirkt. Unter diesen Voraussetzungen können nunmehr auch Servicegesellschaften als steuerbegünstigte Körperschaften ausgestaltet werden und insoweit einen steuerbegünstigten Zweckbetrieb unterhalten. Serviceleistungen an nicht gemeinnützige Leistungsempfänger begründen aber unverändert einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb.
Diese Regelung ist insbesondere für gemeinnützige Konzerne sehr zu begrüßen. Denn deren Servicegesellschaften dürften damit zukünftig im Wesentlichen ertragsteuerfreie Unterstützungsleistungen erbringen. Lediglich Umsätze aus Leistungen an den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb oder gegenüber Dritten sind dann noch auf ihre Steuerpflicht hin zu überprüfen. In vielen Fällen dürften sich damit aufwändige Diskussionen mit der Finanzverwaltung zu angemessenen Verrechnungspreisen und richtigen Gewinnaufschlägen erübrigen.
Um diese Vorteile nutzen zu können, sind folgende Schritte wesentlich:
Um von den steuerlichen Vorteilen profitieren zu können, sollte diese Umstellung möglichst zeitnah erfolgen. Auch eine unterjährige Überführung in die Gemeinnützigkeit ist unter Einhaltung weiterer Voraussetzungen möglich. Gerne unterstützen wir Sie bei der Umsetzung.
Heutzutage ist es durchaus üblich, dass gemeinnützige Körperschaften in Konzernstrukturen zusammengeschlossen sind. Die Bündelung der Beteilungen erfolgt dann bei der Konzernholding. Dies ist häufig der einzige Zweck dieser Körperschaft. Bisher musste aber noch ein steuerbegünstigter Zweck hinzutreten, damit auch die Holding als gemeinnützige Körperschaft anerkannt werden konnte. In der Praxis wurde dazu klassischerweise die Mittelbeschaffung für andere steuerbegünstigte Körperschaften und/oder der Bildungsbereich bei der Holding angesiedelt.
Diese Notwendigkeit besteht nun nicht mehr. Nach § 57 Abs. 4 AO verfolgt die Holding eines gemeinnützigen Konzerns auch ohne eigene steuerbegünstigte Aktivitäten ihre steuerbegünstigten Zwecke unmittelbar und kann daraus ihre eigene Gemeinnützigkeit ableiten.
Die Neuregelung ist für die gemeinnützigen Konzerne sehr erfreulich, da sie ihnen Sicherheit in Bezug auf die sehr beutende Frage der Absicherung der Gemeinnützigkeit der Holding geben kann. Wie so oft sind dazu aber noch einige Details zu beachten. Diese erläutern wir Ihnen gerne in einem persönlichen Gespräch.
Wenn eine gemeinnützige Körperschaft eine Mittelweiterleitung an andere gemeinnützige Körperschaften vornehmen wollte, musste diese dazu bisher über eine entsprechende satzungsmäßige Ermächtigung verfügen oder es durfte sich nur um eine „teilweise“ Mittelweiterleitung handeln. Zu dieser Regelung gab es häufig Diskussionen mit der Finanzverwaltung, bspw. welche Mittel nach Aufnahme einer satzungsmäßigen Regelung nun weitergeleitet werden dürfen oder wie genau sich die „teilweisen“ Mittel berechnen.
Die Normen § 58 Nr. 1 und Nr. 2 AO zur Mittelweiterleitung wurde nun einheitlich in einem neuen § 58 Nr. 1 AO geregelt. Zu begrüßen ist insbesondere, dass die Begrenzung auf eine „teilweise“ Mittelweiterleitung künftig entfällt. Folglich unterliegt die Mittelweitergabe an andere steuerbegünstigte Körperschaften der Höhe nach grundsätzlich keinen gemeinnützigkeitsrechtlichen Beschränkungen mehr. Eine Regelung in der Satzung ist aus steuerrechtlicher Sicht nur noch erforderlich, wenn die Beschaffung von Mitteln mit der Absicht diese weiterzuleiten der einzige steuerbegünstigte Zweck der Körperschaft ist. Von Vorteil für die steuerbegünstigten Körperschaften ist außerdem, dass sämtliche Vermögenswerte Gegenstand einer Mittelweiterleitung sein können. Die Gesetzesbegründung führt dazu aus, dass damit ausdrücklich auch die unentgeltliche oder verbilligte Nutzungsüberlassung oder die unentgeltliche oder verbilligte Erbringung von Dienstleistungen umfasst ist. Auch dieser Punkt führte in der Vergangenheit häufig zu Diskussionen mit der Finanzverwaltung.
Ergänzt wird die Änderung des § 58 Nr. 1 AO durch die Einfügung des § 58a AO. Dieser beinhaltet nun die häufig bereits praktizierte Vertrauensschutzregelung für die Geberkörperschaft. Der Vertrauensschutz greift, wenn sich der Mittelgeber durch geeignete Unterlagen (Anlage zum Körperschaftsteuerbescheid, Freistellungsbescheid, Feststellungsbescheid nach § 60a AO) die Steuerbegünstigung der Empfängerkörperschaft bestätigen lässt.
Anhebung der Freigrenze für steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe
Die Höhe der Einnahmen nach § 64 Abs. 3 AO, bis zu der steuerbegünstigte Körperschaften ihren Gewinn aus dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb nicht der Besteuerung unterwerfen müssen, wird von 35.000 Euro auf 45.000 Euro angehoben.
Ausnahmen vom Gebot der zeitnahen Mittelverwendungspflicht
Nach § 55 Abs. 1 Nr. 5 Satz 4 AO werden kleinere steuerbegünstigte Körperschaften mit Einnahmen von bis zu 45.000 Euro pro Jahr vom Gebot der zeitnahen Mittelverwendung ausgenommen. Final ist aber eine Verwendung für die satzungsmäßigen steuerbegünstigen Zwecke dennoch sicherzustellen.
Feststellungsverfahren nach § 60a AO
Sollte bis zum Zeitpunkt des Erlasses des erstmaligen Körperschaftsteuerbescheids oder Freistellungsbescheids die Finanzverwaltung Kenntnis davon erhalten, dass die tatsächliche Geschäftsführung gegen die satzungsmäßigen Voraussetzungen verstößt, ist die Feststellung der Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen abzulehnen. Dies gilt entsprechend auch für die Aufhebung bestehender Feststellungen.
Aufnahme zusätzlicher „Katalogzweckbetriebe“
Ausdrücklich als Zweckbetrieb nach § 68 Nr. 1 c) AO gelten nunmehr Einrichtungen zur Unterbringung, Versorgung, Verpflegung und Betreuung von Flüchtlingen. Zweckbetrieb im Sinne des § 68 Nr. 4 AO sind jetzt auch Einrichtungen, die sich der Fürsorge für Menschen mit psychischen und seelischen Erkrankungen bzw. Behinderungen widmen.
Umsatzsteuerliche Anpassungen
Befreiungen von der Umsatzsteuer im Bereich Gesundheit, Pflege und Soziales wurden weiter an das Europarecht angepasst. Auf viele dieser Änderungen wurde der Gesetzgeber durch den BFH aufmerksam gemacht. Für Leistungen, die nach dem deutschen Umsatzsteuergesetz in der Vergangenheit nicht steuerfrei waren, lohnt sich jedoch weiterhin oftmals die Prüfung der Steuerbefreiung nach der Mehrwertsteuersystemrichtline.
Vereinfachter Spendennachweis
Die Grenze für den vereinfachten Spendennachweis wird von 200 Euro auf 300 Euro angehoben. Damit sind Spenden und Mitgliedsbeiträge die nach dem 31. Dezember 2019 (!) geleistet werden auch ohne die Vorlage einer Zuwendungsbestätigung abziehbar.
Stärkung des Ehrenamtes
Steuerbegünstigte Körperschaften und Ehrenamtliche werden gestärkt und erhalten mehr steuerliche Erleichterungen, die Ehrenamts- und die sogenannte Übungsleiterpauschale steigen. Die Übungsleiterpauschale steigt ab 2021 von 2.400 Euro auf 3.000 Euro, die Ehrenamtspauschale von 720 Euro auf 840 Euro.