Krankenhäuser, Altenheime und andere gemeinnützige Einrichtungen betreiben immer häufiger ihre eigenen Blockheizkraftwerke (BHKW). Insbesondere aus wirtschaftlichen Gründen ist es sinnvoll, möglichst viel der produzierten Energie (Wärme und Strom) direkt selber zu verbrauchen. Ein BHKW gewährleistet aber auch eine besonders effektive Nutzung des Brennstoffs. Dadurch wird der Bedarf an natürlichen Ressourcen deutlich reduziert. Um diesen Beitrag zum Umweltschutz zu fördern, erhalten BHKW Betreiber eine Vergütung für den insgesamt produzierten Strom unabhängig vom Selbstverbrauch und der Einspeisung – den sog. KWK-Zuschlag.
Auffassung der Finanzverwaltung
Umsatzsteuerrechtlich wird von der Finanzverwaltung unterstellt, dass der gesamte erzeugte Strom der Anlage – also inklusive des selbst verbrauchten Anteils – in das öffentliche Stromnetz eingespeist wird. In Höhe des selbst genutzten Stroms erfolgt anschließend eine Rücklieferung durch den Stromnetzbetreiber zum selben Preis. Da der Preis für die fingierte Hin- und Rücklieferung der gleiche ist, schuldet der Netzbetreiber dem Anlagenbetreiber final für den durch diesen selbst verbrauchten Strom somit keinen höheren Betrag als den KWK-Zuschlag. Diese umsatzsteuerliche Fiktion ist jedoch nur vorzunehmen, wenn dem Anlagenbetreiber der selbst verbrauchte Strom in Form eines KWK-Zuschlags vergütet wird.
Die umsatzsteuerliche Erfassung der fiktiven Hin- und Rücklieferung ist in der Praxis durchaus eine Herausforderung. Denn es reicht in der Regel nicht, einfach die durch die Netzbetreiber in den Gutschriften ausgewiesene Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen. Des Weiteren ist zu beachten, dass aus der fiktiven Rücklieferung der Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist, soweit der Strom für umsatzsteuerfreie Ausgangsleistungen (bspw. im Gesundheitswesen oder der Altenhilfe) verwendet wird.
Urteil des FG Köln
In seinem Urteil vom 16.06.2021 führt das FG Köln aus, dass nach seiner Auffassung der Betreiber eines BHKW hinsichtlich des von ihm erzeugten und selbst verbrauchten Stroms keine umsatzsteuerlich relevanten Leistungen gegenüber dem Netzbetreiber erbringt. Die Lieferung von Strom an den Netzbetreiber scheitere an der hierfür erforderlichen Übertragung der Verfügungsmacht. Die bloße Möglichkeit zur Einspeisung des selbsterzeugten Stroms durch einen Anschluss des eigenen Stromnetzes an das Stromnetz eines Netzbetreibers oder die Verpflichtung des Netzbetreibers zur Zahlung des KWK-Zuschlags führten ebenfalls nicht zu einer Übertragung von Substanz, Wert oder Ertrag des selbsterzeugten Stroms an den Netzbetreiber. Durch den direkten Stromverbrauch erfülle der Betreiber eines BHKW im Übrigen auch keinen anderen Leistungstatbestand des Umsatzsteuergesetzes oder der Mehrwertsteuersystemrichtlinie.
Bewertung
Schon lange gibt es Kritik an der Auffassung der Finanzverwaltung zur fiktiven Hin- und Rücklieferung des selbst verbrauchten Stroms beim Betrieb eines BHKW. Insbesondere bei gemeinnützigen Körperschaften ist dies auch mit wirtschaftlichen Nachteilen verbunden, da aus der fiktiven Rücklieferung des Stroms in der Regel kein Anspruch auf Vorsteuerabzug besteht. Zwar gibt es Konstellationen bei denen insgesamt auch unter den aktuellen Regelungen – aufgrund des korrespondierenden Vorsteuerabzugs – unterm Strich ein umsatzsteuerlicher „Überschuss“ verbleibt. Jedoch ist damit häufig ein nicht unwesentlicher Nachweis- und Ermittlungsaufwand verbunden, welcher diesem entgegenläuft. Sollte hierbei etwas übersehen werden, kommt es zudem bei Betriebsprüfungen nicht selten zur Festsetzung von wesentlichen Nachzahlungen. Umso mehr ist zu begrüßen, dass diese Frage nun höchstrichterlich geklärt wird. Denn die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig und das Revisionsverfahren beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen V R 22/21 anhängig.
Betroffene Einrichtungen sollten daher prüfen, inwieweit für sie eine Abkehr von der sog. Einspeisefiktion von Vorteil wäre und – sofern möglich – gegen die entsprechenden Festsetzungen vorgehen.
Dabei sind wir Ihnen selbstverständlich gerne behilflich.