Jedes Jahr aufs Neue birgt der Jahreswechsel besondere Herausforderungen und Themen. Das gilt insbesondere für das Steuerrecht. Doch längst nicht jede Änderung und Neuerung ist auch für alle gleichermaßen relevant. Damit Sie in den Informationsfluten nicht untergehen, haben wir für Sie die aus unserer Sicht wichtigsten Themen der Gesundheits- und Sozialbranche und des gemeinnützigen Sektors selektiert und zusammengefasst.
Über einige der Themen haben wir Sie bereits im vergangenen Jahr in unserer Rubrik Aktuelles informiert. Werfen Sie gerne auch dort einen Blick hinein und abonnieren Sie unseren Newsletter.
Die umsatzsteuerliche Organschaft in der Diskussion
Die umsatzsteuerliche Organschaft in Deutschland stand wieder auf dem gerichtlichen Prüfstand, diesmal beim Europäischen Gerichtshof. Die Sprengkraft der Fälle war durchaus hoch, da die Vorabinformationen aus den Verfahren den Schluss nahegelegt haben, dass die Organschaftsregelung in Deutschland vollständig rechtswidrig sei. Mit erheblichen Folgen für Verbünde, bei denen weit überwiegend umsatzsteuerfreie Leistungen erbracht werden, denn diese haben dadurch zumeist keinen Anspruch auf den Vorsteuer-Abzug.
Der Europäische Gerichtshof hat sich intensiv mit der deutschen Regelung befasst und ist zu dem Schluss gekommen, dass sie nicht grundsätzlich rechtswidrig ist. Folgende wesentliche Schlussfolgerungen sind aus den Urteilen zu ziehen:
- Im Bereich der Voraussetzung der finanziellen Eingliederung (Mehrheitsbeteiligung bzw. Stimmrechtsmehrheit) sind die nationalen Vorgaben zu eng gefasst. Hier wird sich eine Entlastung ergeben, die bei Grenzfällen eher eine Organschaft ermöglichen wird.
- Organgesellschaften bleiben entgegen der nationalen Auffassung umsatzsteuerlich selbständig. Diese unscheinbare Feststellung löst eine noch zu klärende Folgefrage aus, nämlich ob Innenleistungen zwischen organschaftlich verbundenen Unternehmen (wie bisher) ohne Umsatzsteuerbelastung bleiben können. Der Europäische Gerichtshof hat hierzu keine tiefergehende Aussage getroffen. Würden Innenleistungen jedoch nicht mehr unbelastet bleiben können, so würde der bislang in der Organschaft genutzte Mehrwert im Verbund mit steuerfreien Leistungen nicht mehr realisiert werden können.
Hintergründe und Weiteres können in unserem Beitrag Die umsatzsteuerliche Organschaft wankte, sie kippt aber nicht! nachgelesen werden.
Digitale Gesundheitsanwendungen und Umsatzsteuer
Durch den technischen Fortschritt bieten digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) immer bessere Möglichkeiten, um bei der Erkennung und Behandlung von Krankheiten sowie auf dem Weg zu einer selbstbestimmten gesundheitsförderlichen Lebensführung zu unterstützen. DiGA sind damit „digitale Helfer“ in der Hand der Patientinnen und Patienten. Dabei gibt es DiGA, welche bei der Behandlung von akuten Gesundheitsstörungen eingesetzt werden und solche, die der Prävention dienen.
Umsatzsteuerrechtlich handelt es sich bei DiGA um sonstige Leistungen nach § 3 Abs. 9 Satz 1 Umsatzsteuergesetz (UStG). Fraglich ist daher, inwieweit diesbezüglich die Anwendung einer Umsatzsteuerbefreiung in Frage kommen könnte. Gemäß § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG sind Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut, Hebamme oder einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit durchgeführt werden, von der Umsatzbesteuerung befreit.
Zielsetzung der Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG ist es, die Kosten ärztlicher Heilbehandlungen zu senken und Behandlungen dem Einzelnen zugänglicher zu machen. Zentrale Tatbestandsvoraussetzung ist dabei, dass es sich (1) um Heilbehandlungen handeln muss, die (2) im Rahmen der Tätigkeit eines Arztes oder eines Angehörigen eines ähnlichen Heilberufs und (3) – zumindest nach Auffassung der Finanzverwaltung – innerhalb eines persönlichen Vertrauensverhältnisses zwischen dem tätig werden Arzt und dem Patienten erfolgen.
Sofern die Ziele und Funktionen der DiGA darin liegen, behandelnde Ärzte bei der Therapierung von Patienten zu unterstützen oder im Zuge der Nutzung durch die Patienten selbst Linderung oder Kompensation der Beschwerden herbeizuführen, gibt es nach unserem Dafürhalten gute Argumente für eine Umsatzsteuerbefreiung. Die Anwendung der Befreiungsvorschrift wird in der Praxis aber für jede digitale Gesundheitsanwendung individuell zu prüfen und mit der Finanzverwaltung abzustimmen sein.
Umsatzsteuerbefreiung für eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen
Bereits durch das Jahressteuergesetz (JStG) 2019 wurde § 4 Nr. 18 UStG neu geregelt. Die Neufassung ist zum 01.01.2020 in Kraft getreten. In Betriebsprüfungen wird aktuell sowohl die alte, bis Ende 2019 gültige, Fassung als auch die neue Fassung auf ihre korrekte Anwendung in der Praxis überprüft, teils mit überraschenden Beanstandungen. So sollte in einem Fall für die Schuldnerberatung zwar die neue Fassung gelten, die alte Fassung hingegen keine Anwendung finden. Nach Abstimmung mit der OFD NRW konnte dieser Fall zugunsten der gemeinnützigen Körperschaft im Sinne einer vollständigen Steuerbefreiung gelöst werden. Dem Vernehmen nach wird es in den nächsten Monaten ein BMF-Schreiben zur Aktualisierung des Umsatzsteueranwendungserlasses zu § 4 Nr. 18 UStG geben. Wir halten Sie auf dem Laufenden.
Nach der neuen Fassung befreien die Mitgliedstaaten „eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen“ von der Umsatzsteuer, wenn diese Leistungen von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben, erbracht werden. Die bisherigen Voraussetzungen der Umsatzsteuerbefreiung, unter anderem die Mitgliedschaft in einem Wohlfahrtsverband sowie die Einhaltung des sog. Abstandsgebotes, sind entfallen. Allerdings setzt die neue Fassung voraus, dass die Einrichtung keine systematische Gewinnerzielung anstrebt. Etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht entnommen werden, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden. Es verbleibt somit ein Risiko der Nacherhebung von Umsatzsteuer, sofern ein entsprechender Nachweis nicht geführt werden kann. Gerade in diesem Zusammenhang bestehen etliche praktische Anwendungsfragen.
Nach der Gesetzesbegründung zielt die Neufassung darauf ab, eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen insbesondere an wirtschaftlich hilfsbedürftige Personen zur Überwindung der wirtschaftlichen Hilfsbedürftigkeit von der Umsatzsteuer zu befreien. Hierunter fallen beispielsweise Leistungen
- der Schuldnerberatung im außergerichtlichen Insolvenzverfahren,
- der „Tafeln“,
- der Frauenhäuser nach § 36a SGB II oder
- der Beratung und Hilfe für Obdach- und Wohnungslose.
Leistungen, die auf Grund von Verträgen über die Übertragung von Aufgaben nach § 16 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes (BFDG) erbracht werden, fallen weiterhin unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 18 UStG, sofern die Einsatzstellen mit den Freiwilligen Aufgaben im sozialen Bereich erfüllen. Das gilt jedoch nicht, sofern die Freiwilligen durch die Einsatzstellen für Aufgaben in anderen Bereichen eingesetzt werden, z. B. in den Bereichen Umwelt- oder Naturschutz oder Landschaftspflege, Kultur- und Denkmalpflege, Sport sowie Zivil- und Katastrophenschutz.
Leistungen, die in der Regel nicht speziell hilfsbedürftigen Personen angeboten werden, z. B. allgemeine Geschäftsführungs- und Verwaltungsleistungen, sind keine Leistungen der sozialen Sicherheit und der Sozialfürsorge. Betreuungs- und Pflegeleistungen an körperlich, geistig und seelisch hilfsbedürftige Personen fallen ebenfalls nicht mehr unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 18 UStG, sondern ausschließlich unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 16 UStG.
Verpflegungsleistungen in Form von Essen auf Rädern werden nach der Gesetzesbegründung nicht mehr von der Umsatzsteuer im Sinne des § 4 Nr. 18 UStG befreit, können aber nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG dem ermäßigten Steuersatz unterliegen. In diesem Fall ist ebenfalls zu prüfen, ob die Leistungen nach § 4 Nr. 16 UStG umsatzsteuerfrei erbracht werden können. Die Verpflegung von Schülern und Studenten fällt unter die Befreiung nach § 4 Nr. 23 Buchst. c UStG.
Korrekturen der Energiepreispauschale über die Korrektur der Lohnsteueranmeldung 08/2022
Die Energiepreispauschale (EPP) hat Arbeitgeber und Abrechnungsstellen letztes Jahr vor allem in den Monaten August und Oktober beschäftigt. Doch auch in den nachfolgenden Abrechnungszeiträumen wurden speziell in Zweifelsfällen (GFB-Kräfte, kurzfristige Kündigungen o.ä.) oft noch nachträglich einzelne Abrechnungen korrigiert.
Da die EPP über die Lohnsteueranmeldung des Monats August 2021 refinanziert wurde, ist in diesem Zusammenhang nicht zu vergessen, dass eben diese noch bei nachträglichen Änderungen zu korrigieren ist. Die abgegebene Lohnsteueranmeldung ist eine Steuererklärung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO). Das bedeutet, dass eine fehlerhafte Lohnsteueranmeldung jederzeit (innerhalb der gesetzlichen Festsetzungsfrist) durch erneute Abgabe berichtigt werden kann.
Genauere Informationen können auch den FAQs „Energiepreispauschale (EPP)“ entnommen werden.
Lohnsteuer: Ladesäulen für E‑Fahrzeuge auf dem Betriebsgelände
Die Arbeitgeberattraktivität steigern, Umweltbewusstsein fördern oder steuerliche Vorteile durch elektrische Firmenwagen ausnutzen: Die Gründe für Unternehmen, die E‑Mobilität der Mitarbeitenden auszubauen, können unterschiedlich sein. Ebenso vielfältig sind mittlerweile die Förderansätze durch den Gesetzgeber.
Sowohl für Privat- als auch für Dienstwagen ist das kostenlose oder verbilligte Aufladen von Elektro- oder Hybridfahrzeugen im Betrieb des Arbeitgebers nach § 3 Nr. 46 EstG steuerfrei. Ebenfalls steuerfrei ist der geldwerte Vorteil aus der zeitweisen Überlassung einer betrieblichen Ladevorrichtung für die heimische Nutzung eines Arbeitnehmers. Wird die Ladevorrichtung hingegen unentgeltlich bzw. verbilligt an Arbeitnehmer übereignet, greift die pauschale Besteuerung mit 25 %. Diese ist frei von Sozialabgaben.
Übernimmt der Arbeitnehmer die Kosten für das Aufladen eines Elektro-Dienstwagens, gestattet das Finanzamt einen pauschalen Auslagenersatz. Bestehen Ladevorrichtungen auf dem Betriebsgelände beträgt die monatlich steuerfreie Pauschale bis Ende 2030 für ein E‑Auto 70 € und für einen Plug-in-Hybriden 35 €. Stellt der Arbeitgeber Lademöglichkeiten zur Verfügung sind es 30 € respektive 15 € monatlich. Allerdings kann der Arbeitgeber die tatsächlichen Kosten auch als steuerfreien Auslagenersatz (§ 3 Nr. 50 EStG) ersetzen, anstatt die Pauschale zu nutzen, wenn der Arbeitnehmer die Kosten durch Belege nachweist.
Voraussetzung für alle Fälle ist jedoch, dass der geldwerte Vorteil zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt wird.
Allerdings gilt die Einkommensteuerbefreiung nicht für die Umsatzsteuer. Erhalten die Mitarbeitenden ein verbilligtes oder kein Entgelt für das Aufladen eines privaten Elektrofahrzeugs entsteht Umsatzsteuer auf die Mindestbemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG für den Arbeitgeber.
Grundsteuer – Wie geht es nach der Neubewertung weiter?
Kurz vor aktuellem Fristende ist die Grundsteuer für viele Eigentümer unverändert ein Thema, welches viele beschäftigt. Im besten Fall haben Sie die Aufarbeitung der Grundsteuerfallkonstellationen gut dokumentiert und so einen sehr umfassenden Überblick über sämtliche Unternehmensbereiche bekommen. Ziel soll es nun sein, diesen Überblick zu bewahren und insbesondere über Nutzungsänderungen immer rechtzeitig informiert zu werden.
Erwerben Sie künftig ein Grundstück, nutzen dieses jedoch unverändert für gemeinnützige / mildtätige oder andere Zwecke? In diesem Fall wird das Finanzamt über den Notar informiert. Der Eigentumswechsel führt nicht zu einer veränderten Bewertung, weshalb Sie einen Feststellungsbescheid aufgrund neuer Zurechnung erhalten.
Ändert sich die Nutzung oder die bauliche Gegebenheit – unabhängig davon, ob Sie das Grundstück neu erworben haben oder bereits Eigentümer sind – wird in der Regel eine neue Bewertung erforderlich sein. Für diese Fälle muss fristgerecht eine Anzeige nach § 228 Abs. 2 Bewertungsgesetz (BewG) bzw. § 19 Grundsteuergesetz (GrStG) an das zuständige Finanzamt erfolgen. Im Regelfall werden Sie daraufhin aufgefordert eine Grundsteuerwerterklärung abzugeben.
Sie sollten jetzt Ihre wertvolle, bereits investierte Zeit und diesen anstrengenden Aufarbeitungsprozess der vergangenen Monate nutzen: Dokumentieren Sie Ihre Erkenntnisse und entwickeln Sie einen Prozess, mit dem Nutzungsänderungen fristgerecht aufbereitet und angezeigt werden. Die Ausgestaltung kann beispielsweise direkt als Baustein des eigenen Tax Compliance Management Systems (TCMS) erfolgen. Dann war die Mühe nämlich definitiv nicht umsonst!
Krankenhäuser, Medizinische Versorgungszentren: Medikamentenabgabe & Heimselbstbehandlungen
Mit Schreiben vom 13.12.2022 hat das Bundesministerium der Finanzen zur umsatzsteuerrechtlichen Bewertung der Abgabe von (Fertig-)Medikamenten bezüglich der Anwendung der Umsatzsteuerbefreiungen nach § 4 Nr. 14 Buchst. a und b UStG Stellung genommen.
Auch die Abgabe von nicht patientenindividuell hergestellten (Fertig-)Medikamenten durch eine Krankenhausapotheke wird nun als ein mit der ärztlichen Heilbehandlung eng verbundener Umsatz gemäß § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG von der Umsatzsteuer befreit. Grundlegende Voraussetzung dafür ist, dass die Verabreichung der Medikamente zum Zeitpunkt der Erbringung der ärztlichen Leistung im Rahmen der ambulanten Behandlung eines Patienten zur Erreichung der damit verfolgten therapeutischen Ziele unentbehrlich ist. Die Abgabe von (Fertig-)Medikamenten kann zudem eine unselbständige Nebenleistung zu der nach § 4 Nr. 14 Buchst. a oder b UStG umsatzsteuerfreien Heilbehandlungsleistung darstellen. Hierunter fällt die Abgabe von Medikamenten, die zum Zeitpunkt der Heilbehandlung für diese unentbehrlich sind und ohne die diese Heilbehandlung nicht erfolgversprechend wäre.
Bemerkenswert sind in diesem Zusammenhang die Hinweise bezüglich der Anwendung des BMF-Schreibens. Es wird nämlich nicht beanstandet, wenn die betroffenen Krankenhäuser die entsprechenden Umsätze bis zum 31.12.2022 (weiterhin) umsatzsteuerpflichtig behandeln. Soweit es sich hierbei um die Abgabe von Medikamenten innerhalb des Zweckbetriebs eines Krankenhauses nach § 67 AO handelt, ist in allen offenen Fällen auf diese Lieferung sogar der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG anzuwenden. Diese Möglichkeit ist grundsätzlich für die Krankenhäuser wirtschaftlich sehr interessant, da der Vorsteuerabzug in vollem Umfang erhalten bleibt.
Die meisten Abrechnungen für (Fertig-)Medikamente dürften in der Vergangenheit allerdings mit offenem Umsatzsteuerausweis erstellt worden sein. Dadurch ergeben sich ggf. Schwierigkeiten im Hinblick auf die Regelung des § 14 c Abs. 1 UStG. Diesbezüglich enthält das BMF-Schreiben zwar eine Billigkeitsregelung, diese bezieht sich aber nur auf die Versicherten von privaten Krankenkassen. Zudem müssten die Krankenhäuser die vom Finanzamt erstattete Umsatzsteuer in diesem Fall an die Krankenkassen weiterleiten. Fraglich ist daher, ob die Krankenkassen die Krankenhausträger sogar dazu verpflichten können von der Nichtbeanstandungsregelung Gebrauch zu machen.
Aufgrund des BMF-Schreibens sollten die betroffenen Krankenhäuser nun unmittelbar ihre individuelle Situation bewerten und daraus die entsprechenden Konsequenzen ableiten und umsetzen.
Die private PKW-Nutzung in der ambulanten Pflege
Der prognostizierte Bedarf an ambulanten Pflegekräften in Deutschland steigt jährlich. Nicht zuletzt, weil sich die Gesellschaft einer zunehmenden Alterung ausgesetzt sieht und die Anzahl der Pflegebedürftigen stetig steigt (2021: 4,96 mio. Pflegebedürftige). Für Anbieter und Anbieterinnen von ambulanten Pflegedienstleistungen und dessen Träger bedeutet dies, dass sie zunehmend unter Druck geraten dem Fachkräftemangel beizukommen.
Um neue Fachkräfte zu gewinnen und bereits gewonnene zu halten, bedienen sich die Leistungserbringer vielfach dem Instrument der Dienstwagengestellung. Dem in der ambulanten Pflege beschäftigten Personal wird also der täglich genutzte Dienstwagen auch zur (eingeschränkten) privaten Nutzung überlassen.
Da diese Nutzungsüberlassung mit unterschiedlichen Herausforderungen verbunden sein und verschiedene lohnsteuerliche und sozialversicherungsrechtliche Folgen und Fragestellungen aufwerfen kann, lohnt sich ein genauer Blick auf die vertragliche Ausgestaltung und den vereinbarten Umfang der zugelassenen Nutzung. Es bieten sich individuelle Vereinbarungen aber auch global formulierte Betriebsvereinbarungen an. Gesonderte Einzelfälle und deren steuerrechtliche Einordnung können unter Umständen mit der Finanzverwaltung abgestimmt werden.
Die Verbundregelung im Praxischeck
Dass seit dem JStG 2020 Kooperationen gemeinnütziger Körperschaften dann auch steuerlich begünstigt werden, wenn diese satzungsgemäß durch planmäßiges Zusammenwirken gemeinsam einen steuerbegünstigten Zweck verfolgen, ist eine der größten gesetzlichen Errungenschaften des gemeinnützigen Sektors in den letzten Jahren.
Die Finanzverwaltung hat ihre Auffassung im Anwendungserlass zur Abgabenordnung zu § 57 AO konkretisiert und fordert grundsätzlich die namentliche Bezeichnung der Körperschaften, mit denen zusammengearbeitet wird und die konkrete Darlegung der Art und Weise der Kooperation in den Satzungen der beteiligten Körperschaften. Ob sich eine derart enge Sichtweise mit dem Gesetz in Einklang bringen lässt, ist fraglich und wird sicherlich eines Tages auch höchstrichterlich durch den BFH geklärt werden. Bis dahin heißt es aber für diejenigen, die sich ohne weitere Diskussionen mit der Finanzverwaltung auf die Begünstigung im Sinne des § 57 Abs. 3 AO berufen wollen die strengen Auflagen zu berücksichtigen.
Im Hinblick auf Kooperation innerhalb eines Konzern- oder Unternehmensverbundes hat die Finanzverwaltung ihre Regelungen in Form einer Verbundregelung nachgeschärft. So genügt es bei mehreren Kooperationspartnern, wenn diese anhand der Satzung konkret nachvollziehbar sind, beispielsweise bei einer Kooperation innerhalb eines Konzern- oder Unternehmensverbundes durch Bezeichnung des Konzerns oder des Unternehmensverbundes. Eine namentliche Benennung der einzelnen Kooperationspartner muss sich dann aus einer Aufstellung ergeben, die der Finanzverwaltung zu Beginn der Kooperation und bei Änderung der Kooperationspartner zusätzlich zur Satzung vorzulegen ist.
Für die Praxis bedeutet das, dass gemeinnützige Kooperationspartner, die gesellschaftsrechtlich in einem Konzernverbund oder durch ihre mitgliedschaftsrechtliche Stellung im Rahmen eines Unternehmensverbunds verbunden sind, nicht jeden einzelnen Kooperationspartner namentlich in der Satzung benennen müssen. Es soll mithin ausreichen, wenn auf die Zugehörigkeit zu einem Konzern, und unseren Erfahrungen nach auch zu einem Verein oder zu einer Genossenschaft im Rahmen der Satzung hingewiesen wird. Somit sollte es genügen, dass Satzungen der kooperierenden Gesellschaften neben der Art der Zweckverwirklichung in Form der regelmäßigen Zusammenarbeit mit anderen steuerbegünstigten Körperschaften einen Hinweis auf die Zugehörigkeit zu einem Konzern- oder Unternehmensverbund enthalten, um die Anwendung der begünstigenden Regelungen des § 57 Abs. 3 AO zu eröffnen. Zusätzlich – und nicht zwingend als Satzungsbestandteil – muss sich aus einer Aufstellung ergeben, wer konkret die Kooperationspartner sind. Diese Auflistung soll der Finanzverwaltung bei Beginn der Kooperation und bei Änderung der Kooperationspartner vorgelegt werden. Ob der Finanzverwaltung bei der Formulierung dieser Auflage bewusst war, welchen Aufwand sie damit bei den kooperierenden Körperschaften einerseits, aber andererseits auch in den eigenen Ämtern auslöst, ist zu bezweifeln. In der Praxis ist sicherlich Pragmatismus angesagt. So bietet es sich an, eine sogenannte Leistungsmatrix in der Weise aufzusetzen, dass erkennbar wird, welche Gesellschaften in welcher Art und Weise über welchen Zeitraum – sofern keine Dauerleistung – zusammenwirken. Diese Leistungsmatrix kann dann zum Beispiel im Rahmen der Abgabe der Jahressteuererklärung eingereicht werden und dem Finanzamt zur Erläuterung dienen, warum bestimmte Leistungen nicht (mehr) dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zugeordnet werden. Bislang zeigt sich die Finanzverwaltung derartigen Vorschlägen gegenüber erfreulicherweise offen.
Empfehlung: Es ist in jedem Fall ratsam, zu klären, ob bestehende Satzungsregelungen von Konzern- oder Unternehmensverbünden bereits den Anforderungen genügen oder doch noch im Sinne der Anwendung des § 57 Abs. 3 AO zu ändern sind. Außerdem sollte mit dem zuständigen Finanzamt eine Abstimmung herbeigeführt werden, wie der praktische Nachweis in Form der Auflistung mit möglichst wenig Aufwand für alle Beteiligten geführt werden kann. Der guten Ordnung halber sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass auch bei der Verbundregelung im Hinblick auf einen wirksamen Vertrauensschutz ratsam ist, Nachweise in Form von Freistellungsbescheiden o.ä. (vgl. § 58a AO) vom jeweiligen Kooperationspartner einzuholen.
Immer noch ungelöst: Nach wie vor verwaltungsseitig offen ist die Frage nach der verfahrensrechtlichen Feststellung eines gemeinsamen, rechtsformübergreifenden Zweckbetriebs sowie nach der Anwendbarkeit des ermäßigten Umsatzsteuersatzes im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG für (Teil-)Leistungen der Kooperation. Konkret stellt sich hier die Frage, ob z.B. reine Verwaltungsleistungen nun auch in den Genuss des ermäßigten Steuersatzes von 7 % kommen oder am Wettbewerbsschutz des Umsatzsteuergesetzes scheitern. Bis auf Weiteres ist insbesondere bei der Anwendung des deutschen Umsatzsteuergesetzes Vorsicht geboten, da eine Nachforderung im Rahmen einer steuerlichen Betriebsprüfung empfindliche, finanzielle Auswirkungen haben kann und nicht – ohne Weiteres – sichergestellt ist, dass der Leistungsempfänger die Anhebung der Umsatzsteuer final trägt.
Nicht unerwähnt bleiben soll, dass umsatzsteuerlich die Anwendung der Befreiung im Sinne des § 4 Nr. 29 UStG (Leistungen von selbständigen Personenzusammenschlüssen an ihre Mitglieder) infrage kommen kann. Das BMF hat mit Schreiben vom 19.07.2022 zu den weiteren Voraussetzungen Stellung genommen. Insbesondere ist zu klären, ob die Steuerbefreiung für die fraglichen Leistungen eine Wettbewerbsverzerrung auslösen. An dieser Stelle lässt das BMF-Schreiben den Rechtsanwender leider mit weiteren Fragen zurück. Die praktische Bedeutung des § 4 Nr. 29 UStG scheint nach wie vor sehr gering zu sein. Die Anwendung sollte in Zweifelsfällen mit der Finanzverwaltung abgestimmt werden.
Angemessenheit von Vergütungen – Sicher ist sicher!
Das Gebot der Selbstlosigkeit fordert von gemeinnützigen Körperschaften, dass diese keine Person durch Ausgaben, die dem Zweck der Körperschaft fremd sind, oder durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigen dürfen. Gerade am Beispiel der Vergütung der Geschäftsleitung in gemeinnützigen Körperschaften besteht über viele Jahre hinweg Rechtsunsicherheit für die Verantwortlichen. Dem ist der BFH mit seinem Urteil vom 12.03.2020 begegnet und hat klargestellt, dass die Verhältnismäßigkeitsprüfung unter Anwendung der Grundsätze des Fremdvergleichs zu erfolgen hat. Die praktische Bedeutung des Themas bleibt weiterhin hoch, zumal eine Vielzahl an Folgefragen ungeklärt ist.
Bei der Anwendung der Fremdvergleichsgrundsätze können auch Vergütungen für die Geschäftsleitung nicht gemeinnütziger Träger herangezogen werden. Das hat der BFH klargestellt und dies wird auch durch die Finanzverwaltung mitgetragen. Als Vergütung ist grundsätzlich ein Gesamtpaket zu verstehen, das aus einem Fixum, einer variablen Vergütung, etwaigen Prämien, einer Pensionszusage sowie einem Dienstwagen bestehen kann.
Empfehlung: Gemeinnützige Körperschaften sollen sich gerade dann durch die Einholung von Vergütungsgutachten absichern, wenn die Höhe der Vergütung der Geschäftsleitung im Vergleich zu Dritten unüblich erscheint. Wir vermitteln an dieser Stelle gerne den Kontakt zu einem unserer Kooperationspartner, der über umfangreiche Vergleichsdaten zu Vergütungen verfügt und beurteilen Ihren besonderen Fall aus gemeinnützigkeitsrechtlicher Sicht. Es ist zu erwarten, dass die Überprüfung der Vorstands- und Geschäftsführervergütung bei Betriebsprüfungen zunehmend erfolgen wird.
Satzungsmäßigkeit – Neue Formstrenge durch den BFH?
Im vergangenen Jahr hat die Rechtsprechung des BFH immer wieder gezeigt, dass die Anerkennung von steuerbegünstigten Zweckbetrieben an den formellen Voraussetzungen der Satzungsmäßigkeit scheitert. Die Steuervergünstigung wird schließlich nur dann gewährt, wenn sich aus der Satzung ergibt, welchen Zweck die Körperschaft verfolgt, dass dieser Zweck den Anforderungen der §§ 52 bis 55 entspricht und dass er ausschließlich und unmittelbar verfolgt wird. Die Urteile des BFH lassen erkennen, dass dem entscheidenden V. Senat häufig die Formulierungen in den Satzungen nicht ausreichen.
Das wird zum Beispiel im BFH-Urteil vom 12.05.2022 (zur Urteilsbesprechung) zum wissenschaftlichen Editieren deutlich. Möchte sich eine Körperschaft auf den allgemeinen Zweckbetrieb im Sinne des § 65 AO berufen, müssen die formellen Satzungsvoraussetzungen mit dem Zweckbetrieb und dessen Leistungen abstimmt sein. Der Zweckbetrieb darf nicht zum Selbstzweck der Körperschaft werden.
Am Beispiel der sog. Kita-Rechtsprechung des BFH vom 01.02.2022 (zur Urteilsbesprechung) macht der V. Senat deutlich, dass die jeweils verfolgten steuerbegünstigten Zwecke in der Satzung so weit wie möglich zu konkretisieren sind. Er erkannte die – mangels der Förderung der Allgemeinheit – hilfsweise beanspruchte Verfolgung mildtätiger Zwecke nicht an, weil diese nicht ausdrücklich in der Satzung genannt wurden. Die Abkehr des BFH von der sog. Andeutungstheorie, die Satzungsregelungen in der Praxis meist im Sinne der Körperschaft auslegen ließ, wird in der Literatur an vielen Stellen zu Recht kritisiert. Es bleibt daher zu hoffen, dass die Finanzverwaltung weiterhin mit Augenmaß vorgeht. Ansonsten müsste der Gesetzgeber die Formulierungsanforderungen in der gesetzlich verankerten Mustersatzung (Anlage 1 zu § 60 AO) nachschärfen, um Sicherheit zu schaffen.
Empfehlung: Aufgrund dessen und nicht zuletzt auch wegen der (form-)strengen BFH-Rechtsprechung ist es ratsam, die Satzungsformulierungen regelmäßig auf Aktualität und Vollständigkeit hin zu überprüfen. Dabei unterstützen wir Sie mit unserer langjährigen Erfahrung gerne.
Überblick über die Fristen der nächsten Veranlagungszeiträume
Die nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick über die Fristen zur Einreichung der Steuererklärungen ab dem Veranlagungsjahr 2021 (u.a. Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer & Umsatzsteuer). Zu unterscheiden ist zwischen Fällen, die sich in steuerlicher Beratung befinden (verlängerte Frist zur Abgabe) und jenen, die es nicht sind.
Abgabefristen für “beratene” Fälle:
Besteuerungszeitraum | Abgabefrist |
2021 | 31. August 2023 |
2022 | 31. Juli 2024 |
2023 | 2. Juni 2025 |
2024 | 30. April 2026 |
2025 (ab hier wieder normale Frist) | 1. März 2027 (da 28. Februar 2027 = Sonntag) |
Abgabefristen für “nicht beratene” Fälle:
Besteuerungszeitraum | Abgabefrist |
2021 | 31. Oktober 2022 (abgelaufen!) |
2022 | 2. Oktober 2023 |
2023 | 2. September 2024 |
2024 (ab hier wieder normale Frist) | 31. Juli 2025 |