Umsatzsteuerliche Organschaft – Steuerschuldnerschaft

Bei die­sem The­ma sind aus­nahms­wei­se nicht Unter­neh­mer und Finanz­ver­wal­tung unter­schied­li­cher Auf­fas­sung, son­dern die bei­den für die Umsatz­steu­er zustän­di­gen Sena­te des Bun­des­fi­nanz­hofs. Zunächst hat­te der XI. BFH Senat mit sei­nem Vor­la­ge­be­schluss vom 11.12.2019 dem EuGH unter ande­rem die Fra­ge vor­ge­legt, ob es mit dem Uni­ons­recht ver­ein­bar sei, dass der deut­sche Gesetz­ge­ber den Organ­trä­ger als Steu­er­schuld­ner für den gesam­ten Organ­kreis ansieht. Ohne die Ent­schei­dung des EuGH abzu­war­ten hat sei­ner­seits der V. BFH Senat dem EuGH mit Vor­la­ge­be­schluss vom 07.05.2020 dar­legt, dass es rich­tig sei, dass nur der Organ­trä­ger der Schuld­ner der Umsatz­steu­er ist. 

Die­se Mei­nungs­dif­fe­renz lässt den Betrach­ter etwas rat­los zurück. Was für einen Unter­schied macht das, wel­ches Theo­rem ist hier Gegen­stand des Streits? Im Kern eröff­net ein Sze­na­rio den Unter­neh­mern mit ihren umsatz­steu­er­li­chen Organ­schaf­ten hier eine Mög­lich­keit – die man sich offen hal­ten kann und sollte. 

Nach die­sen bei­den Vor­la­ge­be­schlüs­sen müs­sen sich alle Unter­neh­mer die umsatz­steu­er­li­cher Organ­trä­ger sind, für sich fra­gen, ob es ggf. uni­on­rechts­wid­rig ist, dass sie allein die Umsatz­steu­er für den gesam­ten Organ­kreis abfüh­ren. Soll­te der EuGH zu die­sem Ergeb­nis kom­men (was der Vor­la­ge des XI. BFH Senats zu ent­neh­men ist), so kann sich der Organ­trä­ger auf das für ihn güns­ti­ge­re Uni­ons­recht beru­fen. Kon­se­quenz wäre, dass er nur noch sei­ne eige­nen Umsät­ze ver­steu­ern müss­te. Inso­weit der Organ­trä­ger bis­lang Steu­ern für Organ­ge­sell­schaf­ten zur Finanz­ver­wal­tung durch­ge­schleust hät­te, stün­de ihm ein Erstat­tungs­an­spruch zzgl. Erstat­tungs­zin­sen zu. Die Organ­ge­sell­schaf­ten dage­gen beru­fen sich wei­ter auf das natio­na­le Recht – ja das kön­nen sie – und ver­wei­sen dar­auf, dass die Steu­er durch den Organ­trä­ger abge­führt wer­den müss­te. Im End­ef­fekt muss also kei­ner zah­len? Ja, dass könn­te so ein­tref­fen. Organ­trä­ger, die die­se Mög­lich­keit nut­zen möch­ten, müs­sen ihre Steuer­erklärungen daher bis zur Ent­schei­dung des EuGH bzw. in der Fol­ge des BFH offen hal­ten. Durch die Fest­set­zung unter dem Vor­be­halt der Nach­prü­fung sind die letz­ten Jah­re noch änder­bar. Gegen Beschei­de über die Auf­he­bung des Vor­be­halts der Nach­prü­fung müss­te mit Ein­spruch der Vor­gang offen gehal­ten wer­den, Jah­re die dro­hen in die Fest­set­zungs­ver­jäh­rung zu gelan­gen sind durch ent­spre­chen­de Ände­rungs­an­trä­ge offen zu halten.

Die­se Sach­la­ge zeigt wie­der mal, dass es für den Gesetz­ge­ber immer wich­ti­ger wird, gesetz­li­che Klar­heit in die Rege­lun­gen zur umsatz­steu­er­li­chen Organ­schaft zu brin­gen. Eine kla­re Defi­ni­ti­on der Mehr­wert­steu­er­grup­pe hat nicht nur Vor­tei­le für die Unter­neh­mer, näm­lich, dass denen nicht mehr nach­träg­lich die Organ­schaft ent­zo­gen wird, wenn der BFH sei­ne Mei­nung äußert, son­dern auch – wie der Fall oben zeigt – auf die öffent­li­chen Haushalte.