Wahlleistungen von Chefärzten: Risiko der Doppelbesteuerung – Ein Hinweis für Krankenhausträger

Was war passiert?

In dem BFH-Urteil VIII R 9/20 vom 18.04.2023 war der Klä­ger als Chef­arzt in der chir­ur­gi­schen Abtei­lung eines Kran­ken­hau­ses ange­stellt. Neben sei­ner fes­ten monat­li­chen Ver­gü­tung wur­de ihm in sei­nem Dienst­ver­trag das Liqui­da­ti­ons­recht für die Erbrin­gung von wahl­ärzt­li­chen Leis­tun­gen ein­ge­räumt. Er erbrach­te die­se sowohl in Form von Behand­lun­gen gegen­über sta­tio­när unter­ge­brach­ten Pati­en­ten als auch in Form ambu­lan­ter Sprech­stun­den. Für Letz­te­re hat­te ihm sein Arbeit­ge­ber eine Neben­tä­tig­keits­er­laub­nis ein­ge­räumt.

Die Ein­nah­men des Klä­gers aus den sta­tio­när erbrach­ten Wahl­leis­tun­gen behan­del­te das Kran­ken­haus als Bezü­ge aus dem Dienst­ver­hält­nis und unter­warf die­se dem Lohn­steu­er­ab­zug. Der Klä­ger erhielt dar­über vom Kran­ken­haus kei­ne Mit­tei­lung. Die Ein­nah­men aus der ambu­lan­ten wahl­ärzt­li­chen Tätig­keit des Klä­gers hin­ge­gen wur­den vom Kran­ken­haus nicht dem Lohn­steu­er­ab­zug unter­wor­fen.

Sämt­li­che Ver­gü­tun­gen aus wahl­ärzt­li­chen Leis­tun­gen wur­den in den Ein­kom­men­steu­er­erklä­run­gen des Klä­gers als Ein­künf­te aus selbst­stän­di­ger Tätig­keit dekla­riert. Dadurch wur­den im Ergeb­nis die sta­tio­när erbrach­ten Wahl­leis­tun­gen dop­pelt besteu­ert. Das Finanz­amt ver­an­lag­te dem­entspre­chend und die Ein­kom­men­steu­er­be­schei­de wur­den bestandskräftig.

Wie entschieden Finanzgericht und Bundesfinanzhof?

Einen spä­ter fol­gen­den Ände­rungs­an­trag zur Ein­kom­men­steu­er lehn­te das Finanz­amt ab. Die dar­auf­hin ein­ge­reich­te Kla­ge vor dem Finanz­ge­richt hat­te kei­nen Erfolg. Das Finanz­ge­richt warf dem Klä­ger unter ande­rem vor, dass er hät­te ohne wei­te­res erken­nen kön­nen und müs­sen, dass der vom Kran­ken­haus in den Lohn­steu­er­be­schei­ni­gun­gen aus­ge­wie­se­ne Brut­to­ar­beits­lohn und das in den monat­li­chen Gehalts­mit­tei­lun­gen aus­ge­wie­se­ne steu­er­pflich­ti­ge Brut­to das Fest­ge­halt nebst Zula­gen deut­lich über­stie­gen habe. Jeden­falls wäre dem Klä­ger das gro­be Ver­schul­den sei­nes Steu­er­be­ra­ters zuzu­rech­nen, weil die­ser nicht ohne Rück­spra­che und Prü­fung die Anga­ben hät­te über­neh­men dür­fen.

Der BFH folg­te die­ser Auf­fas­sung nicht. Dem Klä­ger ist es nicht als grob schuld­haft vor­zu­wer­fen, dass er einen Abgleich sei­ner Lohn­steu­er­be­schei­ni­gun­gen und monat­li­chen Gehalts­ab­rech­nun­gen mit dem Dienst­ver­trag unter­ließ, ins­be­son­de­re müs­se auch berück­sich­tigt wer­den, dass der Klä­ger vom Kran­ken­haus kei­ne Mit­tei­lung erhal­ten hat­te, als die­ses dazu über­ge­gan­gen war, die Ein­nah­men aus den sta­tio­när erbrach­ten Wahl­leis­tun­gen dem Lohn­steu­er­ab­zug zu unter­wer­fen. Auch ein gro­bes Ver­schul­den des Steu­er­be­ra­ters liegt laut BFH nicht vor. Kau­sal für den Dop­pel­an­satz der Ein­nah­men war die feh­len­de Erkenn­bar­keit der Zusam­men­set­zung des Brut­to­ar­beits­lohns, die dar­auf beruh­te, dass dem Steu­er­be­ra­ter bei der Anfer­ti­gung der Steu­er­erklä­rung weder der Dienst­ver­trag noch die monat­li­chen Gehalts­ab­rech­nun­gen des Klä­gers vor­ge­le­gen hat­ten. Folg­lich hat der Klä­ger Recht bekom­men und die Ein­kom­men­steu­er­be­schei­de könn­ten wegen neu­er Tat­sa­chen zuguns­ten des Klä­gers geän­dert wer­den. Ob dies tat­säch­lich pas­siert, wird im Rah­men der Rück­ver­wei­sung des Ver­fah­rens an das Finanz­ge­richt zu klä­ren sein.

Welche Bedeutung hat das Urteil für Krankenhausträger?

Es ist zu erwar­ten, dass das BFH-Urteil Gegen­stand von Man­dan­ten­ge­sprä­chen zwi­schen Steu­er­be­ra­tern und Chef­ärz­ten wird. Ins­be­son­de­re dann, wenn Chef­ärz­te neben den Ein­künf­ten aus nicht­selb­stän­di­ger Arbeit auch Ein­künf­te aus selb­stän­di­ger Arbeit am Kran­ken­haus dekla­rie­ren, dürf­te das Ver­fah­ren von hohem Inter­es­se sein. Daher sind die Kran­ken­haus­trä­ger gut bera­ten, wenn sie nach einer Prü­fung der Sach­la­ge das offe­ne Gespräch mit den Chef­ärz­ten suchen, um deren Fra­ge­stel­lun­gen vor­zu­grei­fen. Das Haupt­au­gen­merk soll­te dabei beson­ders auf bestehen­de Alt­ver­trä­ge (sol­che von vor 2005/2006) gerich­tet werden.

Wie wir Ihnen helfen können?

Selbst­ver­ständ­lich unter­stüt­zen wir Sie bei der Über­prü­fung der steu­er­li­chen Aus­wir­kung von Chef­arzt­ver­trä­gen. Das gilt nicht nur im Hin­blick auf die ein­kom­men­steu­er­li­che Per­spek­ti­ve der Chef­ärz­te, son­dern auch für die Per­spek­ti­ve der Kran­ken­häu­ser, die für die Per­so­nal- und Sach­mit­tel­über­las­sung an Kran­ken­haus­ärz­te sog. Nut­zungs­ent­gel­te erhal­ten (wir berich­te­ten bereits). Wir hel­fen Ihnen eben­falls dabei, die Kom­mu­ni­ka­ti­on mit den Chef­ärz­ten – und sofern not­wen­dig mit deren Steu­er­be­ra­tern – vor­zu­be­rei­ten und zu füh­ren.

Spre­chen Sie uns bei Bedarf jeder­zeit ger­ne an.

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