Weltkarte

Gemeinnützige Aktivitäten im Ausland

Steu­er­be­güns­tig­te Kör­per­schaf­ten sind schon längst nicht mehr nur im Inland tätig. Bei einer Viel­zahl von gemein­nüt­zi­gen Akteu­ren ist die För­de­rung von steu­er­be­güns­tig­ten Zwe­cken im Aus­land sogar der Haupt­zweck. Dabei sind es nicht mehr nur gro­ße Hilfs­or­ga­ni­sa­tio­nen, die hier aktiv sind. Gera­de in den aku­ten Kri­sen­ge­bie­ten bzw. in Gebie­ten, in denen die mensch­li­che Kri­se ein Dau­er­zu­stand ist, enga­gie­ren sich auch vie­le klei­ne Initia­ti­ven.

Damit das Finanz­amt kei­ne Stol­per­stei­ne in den Weg legen kann, gilt es bei Aus­lands­ak­ti­vi­tä­ten ein paar Regeln zu kennen.

1. Sta­tu­ten

Der ers­te Blick in Bezug auf die Fra­ge „Kön­nen bzw. dür­fen wir das?” soll­te stets in die Sat­zung bzw. den Gesell­schafts­ver­trag gehen. Hier gilt der Grund­satz, dass Betä­ti­gun­gen im Aus­land gene­rell erlaubt sind, wenn sie dort nicht aus­drück­lich oder indi­rekt unter­sagt wor­den sind.

Fer­ner ist zu beach­ten, dass die steu­er­be­güns­tig­ten Zwe­cke – die einem inlän­di­schen Ver­ständ­nis fol­gen – ggf. sprach­lich erwei­tert wer­den müs­sen. Nicht in jedem Land ist ein Denk­mal­schutz­sys­tem wie in Deutsch­land vor­han­den, der Begriff „Kul­tur” wür­de hier einen wei­ter gefass­ten Hand­lungs­spiel­raum ermög­li­chen. Glei­ches gilt auch für den Begriff „kirch­li­che Zwe­cke” (wei­ter: reli­giö­se Zwe­cke), „Natur­schutz” (wei­ter: Umwelt­schutz) oder „Demo­kra­ti­sches Staats­we­sen” (wei­ter: Bil­dung, inter­na­tio­na­le Gesin­nung und Entwicklungszusammenarbeit).

2. Gemein­nüt­zig­keit

In Bezug auf die gemein­nüt­zig­keits­recht­li­che Zuläs­sig­keit von Akti­vi­tä­ten im Aus­land ist § 51 Abs. 2 AO zu beach­ten. Wobei die Vor­aus­set­zung, dass 

„die Tätig­keit der Kör­per­schaft neben der Ver­wirk­li­chung der steu­er­be­güns­tig­ten Zwe­cke auch zum Anse­hen der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land im Aus­land bei­tra­gen kann”

sowohl in der Begrün­dung zum Gesetz als auch durch die Rege­lung in AEAO Nr. 7 zu § 51 ent­schärft wird. Die Anse­hens­stei­ge­rung muss nicht mess­bar sein. Sie wird im Übri­gen bereits dadurch erfüllt, dass sich per­so­nell, finan­zi­ell, pla­nend, schöp­fe­risch oder ander­wei­tig an der För­de­rung gemein­nüt­zi­ger und mild­tä­ti­ger Zwe­cke im Aus­land betei­ligt wird.

Zu beach­ten ist jedoch, dass bei Aus­lands­sach­ver­hal­ten erhöh­te Mit­wir­kungs­pflich­ten bestehen, §§ 63 Abs. 3, 90 Abs. AO. Hin­ter­grund ist, dass die Finanz­ver­wal­tung mit eige­nen Mit­teln nur schwer Akti­vi­tä­ten und Mit­tel­ver­wen­dun­gen im Aus­land kon­trol­lie­ren kann. Ihr feh­len inso­weit die übli­chen Kon­troll­mög­lich­kei­ten, wes­we­gen der Gesetz­ge­ber hier die gemein­nüt­zi­ge Kör­per­schaft in die Pflicht der Nach­weis­füh­rung nimmt. Dabei ist her­vor­zu­he­ben, dass es ein Gebot der Beweis­last­vor­sor­ge für die Organ­ver­tre­ter gibt. Bereits in der Vor­be­rei­tungs­pha­se sind die Nach­weis­pflich­ten in den Blick zu neh­men und weit­mög­lichst auch mit Part­nern vor Ort ver­trag­lich zu fixie­ren. Die Beschaf­fung von Nach­wei­sen (erst) in dem Moment, in dem die Finanz­ver­wal­tung die­se anfor­dert, ist übli­cher­wei­se (viel) zu spät. Nach­tei­le bei der Nach­weis­füh­rung gehen zu Las­ten der gemein­nüt­zi­gen Kör­per­schaft und kön­nen sogar die Gemein­nüt­zig­keit gefähr­den.

Fol­gen­de Nach­weis­in­stru­men­te kom­men in Betracht:

  • im Zusam­men­hang mit der Mit­tel­ver­wen­dung abge­schlos­se­ne Ver­trä­ge und ent­spre­chen­de Vorgänge

  • Bele­ge über den Abfluss der Mit­tel in das Aus­land und Bestä­ti­gun­gen des Zah­lungs­emp­fän­gers über den Erhalt der Mittel

  • aus­führ­li­che Tätig­keits­be­schrei­bun­gen der im Aus­land ent­fal­te­ten Aktivitäten

  • Mate­ri­al über die getä­tig­ten Pro­jek­te, z.B. Pro­spek­te, Pres­se­ver­öf­fent­li­chun­gen, Fotodokumentationen

  • Bestä­ti­gun­gen einer deut­schen Aus­lands­ver­tre­tung, dass die behaup­te­ten Pro­jek­te durch­ge­führt werden

  • Zuwen­dungs­be­schei­de aus­län­di­scher Behör­den, wenn die Maß­nah­men dort durch Zuschüs­se o. Ä. geför­dert werden

  • Gut­ach­ten eines Wirt­schafts­prü­fers o. Ä. bei gro­ßen oder andau­ern­den Projekten


Akti­vi­tä­ten im Aus­land kön­nen in ver­schie­de­ne Arten der Umset­zung ein­ge­teilt werden:

  • Ver­fol­gung steu­er­be­güns­tig­ten Zweck unmit­tel­bar selbst, mit eige­nen Res­sour­cen und Mitarbeitern

  • Beauf­tra­gung einer Hilfs­per­son (natür­li­che oder juris­ti­sche Per­son) im Aus­land vor Ort

  • Mit­tel­wei­ter­lei­tung unter Auf­la­ge der zweck­ent­spre­chen­den Ver­wen­dung an eine aus­län­di­sche Körperschaft

Beson­der­hei­ten gibt es ins­be­son­de­re bei der Mit­tel­wei­ter­lei­tung an eine aus­län­di­sche Kör­per­schaft zu beach­ten. Die Emp­fän­ge­rin muss ähn­lich einer inlän­di­schen Kör­per­schaft aus­ge­stal­tet sein. Sie braucht jedoch nicht die Vor­ga­ben des deut­schen Gemein­nüt­zig­keits­rechts erfül­len, solan­ge die aus­län­di­sche Kör­per­schaft nicht in Deutsch­land unbe­schränkt oder beschränkt kör­per­schaft­steu­er­pflich­tig ist.

Hin­zu­wei­sen ist dar­auf, dass auch ande­re Rechts­fra­gen eine Rol­le spie­len kön­nen und auch die­se einer sorg­fäl­ti­gen Prü­fung bedür­fen (Sozi­al­ver­si­che­rung bei Mit­ar­bei­ter­ent­sen­dung, Begrün­dung aus­län­di­scher Betriebs­stät­te, Aus­lands­zah­lungs­ver­kehr, Embar­go- und Sank­ti­ons­vor­schrif­ten etc.).

3. Umsatz­steu­er

Wer­den Akti­vi­tä­ten im Aus­land unter­hal­ten, so kön­nen sich dar­aus ver­schie­de­ne umsatz­steu­er­li­che Kon­se­quen­zen erge­ben. Hier ein Überblick:

3.1 Waren­be­we­gun­gen

Wer­den neu ange­schaff­te Waren in ein Dritt­lands­ge­biet (außer­halb der EU) trans­por­tiert und dort für huma­ni­tä­re, kari­ta­ti­ve oder erzie­he­ri­sche Zwe­cke dau­er­haft ver­wen­det, so wird auf Antrag und Nach­weis die dar­auf las­ten­de Umsatz­steu­er aus dem Erwerb vom Finanz­amt ver­gü­tet, § 4a UStG.

Wer­den Wirt­schafts­gü­ter nur vor­über­ge­hend in ein ande­res Mit­glieds­land der EU gebracht, um dort für einen Ein­satz Ver­wen­dung zu fin­den, so löst die­ses umsatz­steu­er­lich kei­ne Kon­se­quen­zen aus. Ist die Nut­zung aber nicht nur vor­über­ge­hend oder geht das Wirt­schafts­gut im Bestim­mungs­land unter bzw. wird es von dort ver­kauft, so liegt ein sog. inner­ge­mein­schaft­li­ches Ver­brin­gen vor, § 1a Abs. 2 UStG. Kon­se­quenz ist, dass Erklä­run­gen und Mel­dun­gen sowohl in Deutsch­land als auch im ande­ren Mit­glieds­land not­wen­dig sind. Im ande­ren Mit­glieds­land ist dann auch eine umsatz­steu­er­li­che Regis­trie­rung erfor­der­lich.

Bei der Fra­ge der „vor­über­ge­hen­den” Ver­wen­dung gilt, dass bei bestimm­ten Gegen­stän­den eine Ver­wen­dung von bis zu 24 Mona­ten noch vor­über­ge­hend ist, also bis dahin kein inner­ge­mein­schaft­li­ches Ver­brin­gen allein wegen der zeit­li­chen Dimen­si­on ange­nom­men wird. Da gilt z.B. für Mate­ri­al für Kata­stro­phen­ein­sät­ze, päd­ago­gi­sches Mate­ri­al und wis­sen­schaft­li­ches Gerät. Bei Stra­ßen­be­för­de­rungs­mit­teln ist ein kür­ze­rer Zeit­raum von nur 6 Mona­ten zu beachten.

3.2 Dienst­leis­tun­gen

Wer­den von einer inlän­di­schen gemein­nüt­zi­gen Kör­per­schaft Dienst­leis­tun­gen im Aus­land erwor­ben (z.B. Dienst­leis­tun­gen einer Hilfs­per­son für die Unter­stüt­zung vor Ort), so füh­ren die aktu­el­len Rege­lun­gen zum Über­gang der Steu­er­schuld­ner­schaft und der umsatz­steu­er­li­chen Orts­be­stim­mun­gen dazu, dass die inlän­di­sche gemein­nüt­zi­ge Kör­per­schaft als Auf­trag­ge­ber die deut­sche Umsatz­steu­er des aus­län­di­schen Unter­neh­mer als eige­ne Steu­er schul­det, §§ 3a, 13b UStG. Um von dem Anwen­dungs­be­reich des § 13b UStG betrof­fen zu sein, reicht es aus, dass der Auf­trag­ge­ber eine „juris­ti­sche Per­son” ist, was bei gemein­nüt­zi­gen Kör­per­schaf­ten stets der Fall ist. Damit kommt die Pflicht zur Anmel­dung und Abfüh­rung auch dann stets zum Tra­gen, wenn die gemein­nüt­zi­ge Kör­per­schaft ansons­ten kei­ne umsatz­steu­er­lich rele­van­ten Sach­ver­hal­te ver­wirk­licht.

Wirt­schaft­lich bedeu­tet die­ses, dass sich die Kos­ten des aus­län­di­schen Dienst­leis­ters um 19 % deut­sche Umsatz­steu­er erhö­hen. Die­se Wir­kung ist vor dem Hin­ter­grund des Enga­ge­ments nicht nach­voll­zieh­bar. Bedau­er­lich ab Wahr: Bis­lang hat der Gesetz­ge­ber von sei­nem Recht aus Arti­kel 59a der Mehr­wert­steu­er­sys­tem­richt­li­nie kei­nen Gebraucht gemacht. Nach die­sem Arti­kel besteht die Mög­lich­keit, den Leis­tungs­ort im Aus­land anzu­neh­men, wenn es sich um Not- und Kata­stro­phen­ein­sät­zen sowie Pro­jek­ten der Ent­wick­lungs­zu­sam­men­ar­beit han­delt. Eine Initia­ti­ve der BAG Freie Wohl­fahrts­pfle­ge dazu aus dem Jahr 2012 ist lei­der schon längst ver­hallt.


Der Bei­trag gibt in Kurz­fas­sung den Vor­trag „Mit­tel­ver­wen­dung und gemein­nüt­zi­ge Tätig­kei­ten im Aus­land” auf dem NPO-Tag 2022 in Mün­chen wie­der. Bei Fra­gen spre­chen Sie uns ger­ne jeder­zeit an.