In der Nachfolgeentscheidung des BFH zum EuGH Urteil vom 05.03.2020 ging es um den Betrieb eines sog. Gesundheitstelefons durch eine GmbH. Beraten wurden gesetzlich Versicherte in medizinischer Hinsicht. Die Leistungen wurden durch Krankenschwestern und Arzthelfer erbracht, die größtenteils auch als „Gesundheitscoach” ausgebildet waren. In ca. einem Drittel der Fälle wurde ein Arzt hinzugezogen, der die Beratung übernahm bzw. bei Rückfragen Anweisungen oder eine Zweitmeinung erteilte.
Der EuGH urteilte bereits, dass auch telefonisch erbrachte Beratungsleistungen in Bezug auf Gesundheit und Krankheiten unter die Steuerbefreiung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL fallen können, wenn sie eine therapeutische Zielsetzung verfolgen. In Bezug auf die Qualifikationsanforderungen an das eingesetzte Personal stellte der EuGH fest, dass die Mitgliedstaaten einen Ermessensspielraum haben und für die telefonische Beratung eine Zusatzqualifikation unter Beachtung der steuerlichen Neutralität gefordert werden könne.
Der BFH hob nun die vorinstanzliche Entscheidung des FG Düsseldorf auf und wies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück. Es obliegt nun dem FG, Feststellungen zu den mit dem Betrieb des Gesundheitstelefons erbrachten Leistungen zu treffen und diese gemäß den Rechtsgrundsätzen des EuGH-Urteils vom 05.03.2020 umsatzsteuerrechtlich einzuordnen.
Voraussetzung für die Umsatzsteuerbefreiung von telefonischen Beratungen ist nach Auffassung des EuGH unter anderem, dass diese nachweislich einen therapeutischen Zweck erfüllen. Die telefonische Aufnahme eines Befundes dürfte dieser Bedingung bereits genügen. Kein therapeutischer Zweck ist hingegen die Erteilung von Auskünften über Erkrankungen, Therapien oder administrativer Art (bspw. wer der behandelnde Arzt sein wird). Des Weiteren ist die entsprechende Qualifizierung der Berater sicherzustellen. Sollte der Leistungserbringer in § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG nicht genannt sein, kann sich die erforderliche Berufsqualifikation nach dem BFH Urteil vom 23.09.2020 entweder aus einer berufsrechtlichen Regelung oder daraus ergeben, dass die betreffenden heilberuflichen Leistungen in der Regel von den Sozialversicherungsträgern finanziert werden. Die Entscheidung betrifft daher insbesondere telefonische Beratungsleistungen, deren Kosten von den Krankenkassen übernommen werden.