Wie wir berichteten, wankte die umsatzsteuerrechtliche Organschaft, aber sie kippte nicht. Gleichzeitig stellte sich jedoch die Frage, ob das „Märchenbuch” zur Organschaft hiermit bereits zugeschlagen wurde. Tatsächlich wird nun ein neues Kapital aufgeschlagen, diesmal zum Thema Steuerbarkeit von Innenleistungen.
Zur Klärung des folgenden Sachverhaltes hat der BFH beschlossen den EuGH anzurufen: Eine juristische Person des öffentlichen Rechts unterhält einen unternehmerischen und einen nichtunternehmerischen Bereich. Ihre Tochtergesellschaft ist unstreitig Teil der Organschaft. Die Tochtergesellschaft erbringt entgeltliche Leistungen in den unternehmerischen aber auch in den nichtunternehmerischen Bereich der juristischen Person des öffentlichen Rechts (Organträgerin). Strittig ist nunmehr, ob die Leistungen der Organgesellschaft in den nichtunternehmerischen Bereich der Organträgerin steuerbar sind.
Begründet wird die Nichtsteuerbarkeit von Innenleistungen zwischen den Mitgliedern einer Organschaft bisher damit, dass die Organgesellschaften als „unselbständiger“ Teil im Gesamtunternehmen des übergeordneten Organträgers einzuordnen sind. Diese Ansicht geht auf eine Entscheidung des Reichsfinanzhofes zurück, welche später in das Umsatzsteuergesetz übernommen wurde. Vor dem Hintergrund der beiden EuGH-Urteile vom 01.12.2022 hat der BFH aber nun Zweifel, ob diese Regelung des Umsatzsteuergesetzes mit dem Unionsrecht vereinbar ist.
Konkret ergeben sich die Zweifel daraus, dass der EuGH die Organgesellschaft als selbständig ansieht und die Organschaft nach seiner Rechtsprechung nicht zur Gefahr von Steuerverlusten führen darf. Letzteres könnte aber zu bejahen sein, wenn der die Leistung von der Organgesellschaft beziehende Organträger, wie im konkreten Fall die juristische Person des öffentlichen Rechts, nicht zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt ist.
Sollte der EuGH entscheiden, dass Innenumsätze entgegen der ständigen BFH-Rechtsprechung steuerbar sind, hätte dies auch für die Unternehmen des Gesundheits- und Sozialwesens weitreichende Folgen. Denn hier kommt die Organschaft sehr häufig als Gestaltungsinstrument zur Anwendung, da diese (aufgrund ihrer umsatzsteuerfreien Ausgangsumsätze) nicht zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt sind. Durch die Begründung einer Organschaft können somit nichtabziehbare Vorsteuern für die zwischen den beteiligten Unternehmen erbrachten Leistungen vermieden werden.
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