Der Bundesfinanzhof sah sich im Urteilsfall mit der Frage konfrontiert, wie die Sachspende einer GmbH an eine gemeinnützige Stiftung ertragsteuerrechtlich zu beurteilen ist. Zur Auswahl standen die Behandlung der Sachspende als verdeckte Gewinnausschüttung an die Gesellschafter der GmbH und die einkommensmindernde Berücksichtigung als originäre Spende. Der BFH entschied sich im vorliegenden Fall für die Behandlung der Sachspende als verdeckte Gewinnausschüttung und gab der Finanzverwaltung damit recht.
Worum ging es?
Die Klägerin war eine GmbH, an deren Stammkapital die Eheleute B und C beteiligt waren (2011 bis 2012). Im Jahr 2009 errichteten B und C gemeinsam eine gemeinnützige Stiftung, deren Zweck die Förderung von Kunst und Kultur war. Die Eheleute brachten ihre Kunstsammlungen in die Stiftung ein. Der Satzungszweck sollte unter anderem dadurch verwirklicht werden, dass die von den Eheleuten in die Stiftung eingebrachte Sammlung von Kunstwerken gepflegt und als Dauerleihgabe einer Galerie oder einem Kunstmuseum zur Verfügung gestellt wird.
Der Stiftungsvorstand bestand aus den Eheleute sowie Vertretern der begünstigten Museen. Entschieden wurde im Regelfall durch einfache Mehrheit. Lediglich bei Stimmgleichheit gab die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.
Seit 2009 spendeten die Eheleute wertvolle Kunstgegenstände an die von Ihnen errichtete Stiftung. Im Rahmen Ihrer Einkommensteuererklärung machten Sie die Sachspenden als Sonderausgaben gemäß § 10b EStG geltend. Durch die Sachspenden wurden die Höchstbeträge nach § 10b Abs. 1 und 1a EStG im Laufe der Zeit ausgeschöpft (Höchstbetrag nach § 10b Abs. 1a EStG (in den Vermögensstock einer Stiftung): Bei Einzelveranlagung 1 Mio. €, bei Zusammenveranlagung 2 Mio. €/ Höchstbetrag nach § 10b Abs. 1 EStG: abhängig vom Gesamtbetrag der Einkünfte). Im Jahr 2013 wurde sodann ein entsprechender Spendenvortrag gesondert festgestellt mit der Folge, dass die insoweit zunächst nicht abziehbaren Zuwendungen erst in den nachfolgenden Veranlagungszeiträumen als Sonderausgaben abziehbar gewesen wären.
Im Rahmen einer Betriebsprüfung bei der Klägerin für die Jahre 2011 bis 2013 wurde festgestellt, dass die seit 2009 von der Klägerin erworbenen Kunstwerke ebenfalls an die von den Eheleuten B und C errichtete Stiftung gespendet und diese Sachspenden im Rahmen ihrer Körperschaftsteuererklärung als abziehbare Aufwendungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG geltend gemacht wurden.
Das Finanzamt qualifizierte die im Rahmen der Prüfung festgestellten Sachspenden nicht als originäre Spenden gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG sondern als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG an die Eheleute B und C.
Die Einsprüche gegen die Bescheide blieben ohne Erfolg.
Die Entscheidungen der Gerichte
Das Finanzgericht Köln (FG) wies die Klage der Eheleute mit Urteil vom 21. März 2018 – 10 K 2146/16 als unbegründet ab und schloss sich damit der Meinung der Finanzverwaltung an. Die Regelungen zur vGA seien grundsätzlich vorrangig anzuwenden und § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG gelte nur vorbehaltlich des § 8 Abs. 3 KStG.
Das FG führte im Rahmen seiner Entscheidungsfindung weiter aus, dass eine vGA auch an eine dem Gesellschafter nahestehende Personen geleistet werden kann. Auch die von den Eheleuten B und C errichtete Stiftung sei eine solche nahestehende Person, da auch rein tatsächliche Beziehungen ausreichend seien, um ein Näheverhältnis zu begründen.
Zudem handelt es sich laut FG bei Zuwendungen an eine gemeinnützige Organisation nur im Ausnahmefall um eine durch den Unternehmenszweck der spendenden Organisation veranlasste Betriebsausgabe. Bei der Unterscheidung zwischen abziehbarer Spende und vGA ist daher auf die nach außen hin erkennbare Motivation des Spendenden abzustellen. Eine vGA wird also anzunehmen sein, wenn zwischen dem Empfänger und dem Gesellschafter der spendenden Organisation ein besonderes Näheverhältnis vorliegt. Nicht ausreichend für die Annahme einer vGA wäre jedoch eine bloße Identifikation des Gesellschafters der spendenden Gesellschaft mit den Zielen der Empfängerorganisation.
Im vorliegenden Fall sprach für das Näheverhältnis insbesondere, dass die Eheleute B und C die Stiftung als einzige Stifter im Jahr 2009 errichteten und als Vorstände die Geschicke des in der Stiftung vorhandenen Vermögens leiteten. Das Fehlen einer mitgliedschaftlichen Berechtigung (analog einer Gesellschaftsbeteiligung) war somit nicht hinderlich. Die Überschreitung der persönlichen Spendenhöchstgrenze bei den Eheleuten sprach nach Auffassung des FGs dafür, dass die Spenden der Klägerin ihre persönlichen Spenden ersetzen sollten. Zudem war die wesentliche Spendenaktivität auf die von den Eheleuten errichtete Stiftung beschränkt.
Mit Beschluss vom 13. Juli 2021 – I R 16/18 bestätigte der Bundesfinanzhof (BFH) nach sorgfältiger Abwägung der Rechtslage das Urteil des FG Köln. Insofern kann nach Auffassung des BFH eine gemeinnützige Stiftung im Verhältnis zu den Anteilseignern einer Kapitalgesellschaft eine nahestehende Person sein und eine Zuwendung dieser Kapitalgesellschaft an die Stiftung kann demnach als vGA zu qualifizieren sein.
Der BFH hebt insbesondere hervor, dass für eine Annahme einer vGA der zuwendenden Kapitalgesellschaft vielmehr entscheidend ist, ob die Kapitalgesellschaft einer gemeinnützigen Körperschaft einen Vermögensvorteil zugewendet hat, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Person, die dem betreffenden Gesellschafter nicht nahesteht, nicht gewährt hätte. Insoweit unterscheiden sich Stiftungen grundsätzlich nicht von anderen gemeinnützigen Körperschaften (Änderung der Rechtsprechung). Unerheblich sei zudem die Vermögensbindung der Stiftung und ob der Stiftungszweck (auch) die Unterstützung des Gesellschafters der Kapitalgesellschaft beinhaltet.
Folgen für die Praxis?
Zwar ist der vorliegende Fall – wie so oft, wenn der BFH zur Rechtsfindung herangezogen wird – in seiner konkreten Ausgestaltung ein Exot, dennoch finden die Grundsätze des Beschlusses nach dessen Veröffentlichung am 2. Dezember 2021 allgemein Anwendung. In der Spendenpraxis sollte daher bei größeren, einseitigen Zuwendungen an eine gemeinnützige Empfängerorganisation im Vorhinein genauer hingesehen werden. Insbesondere dann, wenn zwischen den Gesellschaftern der spendenden Organisation und der Empfängerorganisation ein tatsächliches Näheverhältnis angenommen werden kann.
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